Nudeln selbst machen Kochkurs

Nudeln selbst machen: Pasta do it yourself

Nudeln findet man weltweit, sie stehen, wie kaum ein anderes Lebensmittel, für italienische Esskultur. Lebensmittelmagazin.de hat auf dem Pasta-Festival mit vollem Körpereinsatz recherchiert.

Rattig aufs Kochen

„Safe olive oil!” – Spart euch das Olivenöl, war wohl der dringlichste Appell der Köche Luca und Lorenzo des Berliner Kochkollektivs Rats Supper Club. Mit kulinarischen Wurzeln im Piemont und einer guten Portion Humor – so kochen sie für Freunde im privaten Rahmen des monatlichen Supper Clubs, aber auch auf vielfältigen Events. Ziel ist das Ausloten der zahlreichen Möglichkeiten, Tradition der Heimat mit zeitgenössischen Methoden des Kochens zu verbinden. Ihr Appell richtete sich gegen die Unsitte, einen Schuss Öl ins Nudelkochwasser zu geben, was das Zusammenkleben der Pasta verhindern soll. Stattdessen der Rat: großer Topf und viel Wasser. 

Tipp: Großer Topf und viel Wasser beim Nudeln selbst machen.
Foto: Rats Supper Club

Asche zu Asche

Vor der großen hufeisenförmigen Tafel zeigten beide Männer, wie man aus Mehl und Eiern vielleicht eins der leckersten Gerichte herstellt. Zur großen Verwunderung war das Mehl kein Spezialmehl wie das italienische Weizenmehl „Tipo 00“, das auch als Pasta- oder Pizzamehl bezeichnet wird, sondern einfaches Mehl Typ 405, wie man es in jedem deutschen Supermarkt bekommt. Die unterschiedlichen Bezeichnungen in Italien und Deutschland rühren von unterschiedlichen metrischen Systemen beim Mehl her, aber der Ausmahlungsgrad ist fast identisch. Typ 405 bedeutet, dass beim Verbrennen von 100 Gramm Mehl ein Aschegehalt von 405 Milligramm entsteht, bei Tipo 00 ist es ähnlich. „Beide Mehle sind ungefähr gleich und lassen sich ähnlich verwenden”, erklärte Lorenzo. 

Mit Muskelschmalz

Vor allen Pasta-Schülerinnen und -Schülern häufte sich ein kleiner Berg von 200 Gramm Mehl für zwei Eier. Die erste Anweisung lautete, in den Berg eine Mulde für die aufgeschlagenen Eier zu drücken. Herausforderung dabei war es, dass nicht die Hälfte der Eier bereits an dieser Stelle herausläuft.

Es beginnt mit einem kleinen Berg Mehl.
Es beginnt mit einem kleinen Berg Mehl.
Foto: Rats Supper Club

Dieser Eiersee wurde vorsichtig mit der Holzgabel verschlagen. Anschließend wurde sukzessive das Mehl eingearbeitet. Die beiden Italiener gingen umher und bereicherten die Pastateige um immer weiteres Mehl. „Je mehr Mehl, umso besser, im Idealfall ist der Pastateig beinahe weiß wie Mehl und die Oberfläche ist rau und porös”, erklärten sie. Das steigert zwar das Risiko, dass der Teig beim späteren Walzen rissig wird, aber die Nudel kann so besser Soße aufnehmen. Die größte Herausforderung bestand darin, manuell den Teig so lang zu kneten, bis das Klebeeiweiß des Mehls aktiviert war und der Teig elastisch genug wurde. Das ließ sich daran erkennen, das auf Fingerdruck der Teig zurückkam. Bei jedem Move wurde der Teig gefaltet und dann mit dem Handballen durchgedrückt, wie bei einer besonders rabiaten Nackenmassage. Allerbestes Oberarmtraining. Lorenzo ging umher und feuerte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an wie ein Personal-Trainer: „Keep on pushing!”

Sowie er nach einer gefühlten Ewigkeit feststellte, dass der Teig genug geknetet war, kam dieser in eine Frischhaltetüte, um für 20 Minuten zu ruhen.

Einfach gut

Währenddessen bereiteten die beiden Köche eine so simple wie köstliche Tomatensoße zu: Erst erhitzten sie das Olivenöl in der Pfanne und fügten dann eine angedrückte Knoblauchzehe hinzu, die wieder entnommen wurde, sobald sie zu bräunen anfing. Luca erklärte, dass die italienische Küche gar nicht so knoblauchlastig sei und dass beispielsweise eine durch die Presse gedrückte Knoblauchzehe schon zu viel des Guten wäre: „Mein Vater schmiert sich die geröstete Knoblauchzehe anschließend auf eine Scheibe Brot als Snack.” Anschließend kamen halbierte Pflaumentomaten ins Öl zum sachten Schmoren. Die geschmolzenen Tomaten wurden schließlich mit ein, zwei Kellen Pastawasser glatt gerührt und mit gezupftem Basilikum und etwas geriebenem Parmesan verfeinert.

Die Tomaten sind bereit für die selbst gemachten Nudeln.
Die Tomaten sind bereit.
Foto: Rats Supper Club

Nach 20 Minuten wurde der Pastateig halbiert und stufenweise in einer Pastamaschine immer dünner ausgerollt, bevor er zu Tagliatelle geschnitten wurde. Luca und Lorenzo zeigten, wie man aus dem Tagliatellesträngen kunstvoll Nester formt, die noch mal zum kurzen Antrocknen hingelegt wurden. Im großen Topf mit ordentlich gesalzenem Wasser wurden sie gekocht bis sie fertig an die Oberfläche stiegen. 

Die Nudeln wurden in der Soße kurz geschwenkt, bevor sich alle Teilnehmenden über die Pfanne hermachen.

Probieren der selbst gemachten Nudeln!
Jetzt geht’s ans Probieren!
Foto: Rats Supper Club

Pasta antifascista

Während alle beim Pastakneten in Schweiß gerieten, hatte Luca noch eine denkwürdige Geschichte parat: Im Laufe der Jahrhunderte führten die Araber Pasta in Italien ein, die sich bis zur Blüte im 18. und 19. Jahrhundert etablierte. Dem Mussolini-Regime war Pasta allerdings ein Dorn im Auge, allein schon, weil der Weizen importiert werden musste. Offiziell mochte Mussolini keine Pasta, weil „ein Volk von Spaghetti-Essern“ nicht in der Lage sei, „die römische Zivilisation neu zu beleben“. Die Tradition der antifaschistischen Pastasciutta geht auf den 25. Juli 1943 zurück, als Benito Mussolini abgesetzt und verhaftet wurde. Die Nachricht wurde von der Bevölkerung, die auf das Ende der Diktatur und des Konflikts hoffte, mit Freude und Begeisterung aufgenommen. Familie Cervi, Aktivisten im Widerstand, beschlossen, dies zu feiern, indem sie kostenlose Pasta an die Bevölkerung verteilten. Seitdem wird in vielen Orten Italiens am letzten Juliwochenende von antifaschistischen Organisationen mit einer öffentlichen Pastasciutta antifaschista dessen gedenkt.

Pastahorizonterweiterung

Übers vergangene Wochenende verteilt gaben die beiden Köche vom Koch Kollektiv Pasta-Workshops auf dem ersten Pasta Festival organisiert von True Italian und ihren Partnern. Aber nicht nur das: Auf dem Gelände des Friedrichshainer Osthafens gab es für die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit an den Ständen aus elf der insgesamt zwanzig Regionen Italiens die jeweiligen Spezialitäten zu verkosten. Wer also bis dahin etwa nur die aus Rom stammende Carbonara oder Pasta al pomodoro alias Spaghetti Napoli oder auch die komplett unauthentische Spaghetti Bolognese kannte, erlebte hier eine Horizonterweiterung. 

Allerlei Köstlichkeiten

Man konnte ein bisschen darüber streiten, ob Gnocchi, die ja oftmals nicht aus Mehl, sondern Kartoffeln, Kastanien oder Kürbis bestehen, tatsächlich zur Pasta gerechnet werden sollten oder ein eigenständiges Gericht sind. So hatte beispielsweise die Firma „Tante Ceccarelli“ aus dem Piemont Gnocchi in unterschiedlichen Varianten im Angebot, etwa mit Walnuss-Zitronencreme, Käse, Kürbis-Gnocchi mit Kürbiskernen oder auch edel mit Trüffel im Angebot. Es gab Gnocchi aber auch von Modì aus Umbrien mit Gorgonzola und Trüffel sowie mit Kirschtomaten und Steinpilzen.

Gnocchi sind oft aus Kartoffeln, Kastanien oder Kürbis, nicht aus Mehl.
Gnocchi sind oft aus Kartoffeln, Kastanien oder Kürbis, nicht aus Mehl.
Foto: PeteerS

Schon eher Pasta, dafür in ungewohnter Darreichungsform: Bucatini-Frittatine, eine Art Arancini, also frittiertes Reisbällchen, aber statt Reis aus Pasta. Malafemmena aus Kampanien servierte sie mit Bolognese, Erbsen und Bechamel oder vegetarisch als Cacio e Pepe, also mit Käse und Pfeffer, sowie mit einer veganen Puttanesca. Die persönliche Wahl zum Verkosten fiel auf Ziti von Spaccanapoli aus Campania. Das Highlight hierbei waren dabei weniger die Röhrennudeln als das wirklich köstliche Oktopusragout im zwiebeligen Weißweinsud. Soulty aus Südtirol präsentierte hingegen Schüttelbrot-Tagliatelle mit Gorgonzola und Speck, selbstverständlich alles aus der Region. Mit eingelegten Schwammerln, war das Gericht ein beeindruckendes, rustikales Beispiel für kulinarischen Lokalpatriotismus.

Artikel-Teaserbild (oben): Rats Supper Club

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert