„Wie schmeckt die Zukunft?“ – unter dieser Frage stand der Messeauftritt der deutschen Lebensmittelwirtschaft auf der Grünen Woche 2020. Neben den Big 5, den großen Markennamen McDonald‘s, Danone, Nestlé, Rewe und Siemens, die am Stand zu lesen waren, präsentiere eine imposante Vielzahl an jungen Startup-Unternehmen Antworten aus verschiedensten Perspektiven auf diese Frage.
Im Januar hat die Redaktion von lebensmittelmagazin.de Vieles auf der Grünen Woche in Berlin erleben dürfen: Essen aus fernen Ländern, Essen fürs Klima bis zum Essen von übermorgen. In diesem Zusammenhang haben wir auch den Stand des Lebensmittelverbands Deutschland und seines Partnerverbands, der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), in der Halle in direkter Nachbarschaft zum ErlebnisBauernhofs besucht. Hier präsentierten die Verbände gemeinsam mit ihren Partnern mannigfaltige Antworten auf die Frage „Wie schmeckt die Zukunft?“
Man könnte sagen, dass es dieses Jahr am Stand von BVE und Lebensmittelverband besonders feucht-fröhlich, spritzig-erfrischend zugeht. Bevor aber falsche Hoffnungen geweckt werden: Viele der Start-ups sind Hersteller von Erfrischungsgetränken, vornehmlich allerdings ohne Alkohol. Djahé ist eines davon.
Prost und hoch die Tassen!
„Djahé“, das klingt nicht nur exotisch, es ist das vietnamesische Wort für Ingwer. Die Rede ist aber keineswegs von altbekanntem Ginger Ale, sondern authentischen Familienrezepten aus Vietnam. Der angenehme, komplexe Geschmack soll den reduzierten Zucker kompensieren.
Ähnliches Ziel, stattdessen aber mit regionalem Ansatz (ok, außer Birne-Matcha), verfolgt das Startup Limoment, das seinen Hybrid aus Limo und Schorle lediglich mit dem enthaltenen Fruchtsaft süßt.
Noch einen Schritt in eine ganz andere Richtung machen die Herren von ZestUp. Das herbfrische Getränk noch unter Limonaden zu zählen, fällt schwer. Dafür ist der Bitterstoff Narangin aus der Orangenschale maßgeblich geschmacksbildend. Die Grundlage für die fruchtige Tonic-Water-Alternative holen sie sich tiefgekühlt aus den benachbarten Niederlanden.
Auch gänzlich ohne Alkohol kommen die Weine von Kolonne Null daher. Was sich sonst eher als Folge des Griffs daneben im Supermarktregal offenbart, kann hier geschmacklich überzeugen. Tatsächlich konnte das Startup-Unternehmen konventionelle Winzer davon überzeugen, unter der Marke Kolonne Null ihre guten Weine auch entalkoholisiert anzubieten. Im Zuge einer steigenden gesundheitsbewussten Ernährung sei der rückläufige Alkoholkonsum zwangsläufig und der Markt habe Wachstumspotenzial, sind die Gründer überzeugt.
„Wurmkur“ als Proteinquelle
Bevor man vor lauter Flüssigkeit für Königstiger verschwinden muss, hat man doch noch die Gelegenheit, am Stand der beiden Branchenverbände etwas Handfestes kosten zu können. Diesbezüglich war die netteste Beobachtung, wie sich ein älterer Herr während des Interviews mit der Gründerin von Isaac Nutrition, Charlotte Binder, diskret eine der ausliegenden Trüffelpralinen einverleibte und die Gelegenheit nutzte, sich erst während des Kauens darüber zu informieren, was er denn dort Köstliches und Gesundes zu sich nähme – Gesichtsausdruck: unbezahlbar. Die proteinreiche Sportlernahrung basiert auf Buffalowürmern, die im Weckglas direkt daneben standen. Geschmacklich waren Datteln im Vordergrund, der nussige Abgang wiederum kommt von den Krabblern.
– Welches Trend-Food es noch auf der Grünen Woche gab, liest du hier. –
Aus den Tiefen des Meeres
Jörg Ullmann als Startup-Unternehmer zu bezeichnen, würde seiner bundesweiten Popularität als Algenexperte nicht gerecht werden. Zum dritten Mal infolge präsentierte er am Zukunftsstand auf der Grünen Woche die Einsatzmöglichkeiten von Mikroalgen und ihr nicht zu überschätzenden Potenzial als Proteinquelle der Zukunft, gemeinsam mit Kirstin Knufmann und ihrem 2010 gegründeten Unternehmen PureRaw. Dabei sind der Mehrzahl der Besucher Algen bisher lediglich als Sushiummantelung geläufig. Aufgrund ihrer vielfältigen lebensmitteltechnischen Eigenschaften stecken sie jedoch bereits in über 70 Prozent aller Lebensmittel, man denke nur an Agar-Agar im Wackelpudding oder Carrageen als Stabilisator. Bei Kuchen, mit Chlorella statt Eiern und Butter. oder Desserts in strahlenden Farben, lässt sich erahnen, dass das Arbeitsfeld um Algen noch einiges mehr in petto hat.
Neues von den Großen
Aber auch die großen Unternehmen haben Neues parat: McDonald‘s hat verstanden, dass Müllberge nicht mehr zeitgemäß sind und servierte auf der Grünen Woche Eis in der Waffel. Zukünftig soll das gesamte Dessertsegment ohne Kunststoffverpackungen auskommen, angefangen mit dem McFlurry, der in einem Papierbecher mit Holzlöffel serviert wird.
Auch der Stand von Danone widmete sich dem Thema Verpackung, mit Fokus auf Wasser in Flaschen. Ausgehend von den bislang 46 Prozent recyceltem PET-Material, aus dem die Flasche besteht, erhöht das Unternehmen in den kommenden Monaten den Anteil auf 100 Prozent. Um die Verpflichtung des Rohstoffkreislaufs zu unterstreichen, präsentierte das supranationale Unternehmen zudem sein Engagement zum Schutz von deutschen Wasserbiosphären. Daneben gab es auch allerlei Leckereien zu kosten. Der Blaubeer-Traube-Lavendel-Skyr war ziemlich lecker.
Nach den ganzen süßen Leckereien braucht der Messebesucher was Lecker-Deftiges. Wie gut, dass Nestlé direkt ein paar Meter weiter als nachhaltigkeitsorientierte Zukunftsvision seine neue vegane Bratwurst als Currywurst servierte. Diese fand großen Anklang, gemessen an der Länge der Besucherschlange. Tatsächlich machte die Soja-Bratwurst geschmacklich einen guten Eindruck und konnte ihre trockene Tofuwürstchen-Konkurrenz in den Schatten stellen, sie hätte nur nach individuellen Dafürhalten eine Minute länger auf dem Grill liegen bleiben können.
Lebensmittelverband Deutschland und Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie haben zusammen mit ihren Partnern auch dieses Jahr wieder eindrucksvoll demonstriert, dass das Lebensmittelangebot in Deutschland Antworten für die Bedürfnisse der Verbraucher parat hält. Sie müssen nur zugreifen.