Ketchup: rot und regional

Ob auf Pommes frites, zum Grillen oder als Geheimzutat beim Kochen – Ketchup schmeckt nicht nur zu beinahe allem und rettet geschmacklich das eine oder andere fade Gericht, sondern zaubert auch das allerschönste Rot auf den Teller. Lebensmittelmagazin.de war bei Werder Feinkost an der Havel.

Die Stadt Werder, inmitten sanfter Plantagenhügel gelegen, war schon seit dem klösterlichen Weinanbau im Mittelalter der Gemüse- und Obstkorb Berlins. Die hier geernteten Tomaten werden aber eher für Salate verwendet und weniger für den hier beheimateten, gleichnamigen Ketchup. „Der Großteil des Tomatenmarks stammt aus Spanien und Portugal. Was bei uns aber die Regionalität ausmacht, ist die Wertschätzung der Produkte und Sorgfalt in der Herstellung”, erklärt Stefan Schult, Geschäftsführer von Werder Feinkost, Top drei der Ketchup-Hersteller im deutschen Einzelhandel.

Drei Flaschen Werder Ketchup stehen vor einem Elektrogrill mit Bratwürsten.
Ein sommerliches Barbecue ohne Ketchup ist für viele gar nicht vorstellbar. Die Würzsauce gehört einfach dazu.
Foto: Werder Feinkost GmbH

Ketchup mit Erfolg

Das Unternehmen schaut auf eine 150-jährige Geschichte zurück, als sich 1873 viele kleine obst- und gemüseverarbeitende Unternehmen zusammenschlossen. Es noch bis 1958 dauern, bis sich die volkseigenen Betriebe der Deutschen Demokratischen Republik auf die Produktion von Ketchup spezialisierten. „Nach der Wende musste die heutige Inhaberfamilie erst wieder in den Betrieb investieren – aber der Erfolg zahlte sich aus. Unter anderem sind wir 2023 von der Lebensmittelzeitung aufgrund unseres Kunden- und Reichweitenzuwachses zur LZ Top Marke gekürt worden.”

Auch wenn Werder im Süden und Teilen des Westens noch nicht flächendeckend im Regal zu finden ist, so liegt der bundesweite Marktanteil bei über acht Prozent, in Ostdeutschland sogar bei über 31 Prozent. Alles eine Frage der Qualität? Immerhin enthält der der Werder Ketchup deutlich mehr Tomatenmark als die Produkte vieler Mitbewerber, bei der zuckerfreien Variante sogar bei etwa 70 Prozent. Und das schmeckt man auch bei der Blindverkostung mit der klassischen und der Premium-Variante. Tomatig-puristisch beschreibt der Geschäftsführer den Geschmack des zuckerfreien Ketchups, während der Premium-Ketchup vom Mundgefühl durch den höheren Tomatenanteil von 83 Prozent schon als sämig zu bezeichnen sei. Stefan Schult freut sich: „Dass der zuckerfreie Ketchup so gut schmeckt, ist das Ergebnis langer und schrittweiser Arbeit für eine entsprechende Rezepturenentwicklung, die im Rahmen der Reduktions- und Innovationsstrategie seitens der Regierung ja auch gefordert wurde. Für uns gilt immer: Bester Geschmack und die Sicherheit unserer Produkte haben höchste Priorität.”

Apropos Geschmack, dass Ketchup nicht gleich Ketchup ist, demonstriert eindrucksvoll die die Produktlinie von Werder. Neben drei Curryketchups gibt es noch sieben Varianten, etwa für Kinder mit Dattelsirup gesüßt, „zum Gaumen verbrennen“ in einer wirklich scharfen Variante und vieles mehr. Für die kommende Eissaison verspricht der Geschäftsführer auf individuellen Wunsch auch das Ketchup-Eis.

Vier verschiedene Sorten Werder Ketchup in Flaschen vor einem gelben Hintergrund.
Das Unternehmen hat seine Produkte der Nachfrage angepasst und bietet für jeden Geschmack den passenden Ketchup.
Foto: Werder Feinkost GmbH

Aus dem Fass in die Flasche

Vorbei an den zahlreichen Tomatenmarkfässern auf dem Hof geht es zur Produktionsanlage. Aus den Schornsteinen duftet es bereits verheißungsvoll nach Ketchup. Zunächst wird das Tomatenmark aus den Fässern in einen großen, vier Kubikmeter umfassenden Kessel gekippt und mit Wasser zusätzlich ausgespült. Am Tag werden rund 80 bis 100 Fässer so verarbeitet. Produktionsleiter Tino Tribanek erklärt: „Der Säuregehalt wird ermittelt, an dem sich der Einsatz von Essig bemisst. Auch die Farbe wird kontrolliert: Tomatenmark kann, da es sich um ein Naturprodukt handelt, zwischen hell- und dunkelrot stark variieren.” Außerdem kommen weitere Zutaten wie Senf und die streng geheime Gewürzmischung hinzu. Zucker und Stärke werden im Nachgang in Wasser angerührt und erst nach Zugabe aller Zutaten bei 60 Grad Celsius dem Tomatenmark hinzugefügt. Bei dieser Temperatur verkleistert die Stärke noch nicht. Damit die Stärke bindet und der Ketchup seine gewohnte Konsistenz erhält, wird alles über einen Röhrenwärmetauscher auf 88 Grad erhitzt. Via geschlossenem Röhrensystem gelangt der Ketchup in die Abfüllanlage, wo er bei 80 Grad Celsius final in die Glasflaschen gefüllt wird. So verlassen jeden Tag ca. 170.000 Flaschen das Werk in Werder. Auf den Deckeln steht sowohl der Kalendertag als auch das Mindesthaltbarkeitsdatum.

Inzwischen wird der Werder Ketchup nur noch in der Glasflasche angeboten, vor allem aus Umweltschutzgründen. „Anders als beim Einsatz von PET, müsste man den Kunststoff für Ketchupflaschen aus kompliziert zu recycelndem Verbundskunststoff herstellen. Glas ist sauber, hochwertig und lässt sich gut recyceln. Darüber hinaus ermuntern wir unsere Followers in den sozialen Medien die Ketchupflaschen selber weiter zu verwenden, etwa als Blumenvase oder als Vorratsglas”, erklärt Stefan Schult.

Einmal um die Welt

Ketchup wie man ihn als Würzsoße mit Tomaten kennt, gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert. 1867 wurde er in Amerika erstmals industriell von Henry John Heinz hergestellt – eine Tomatensoße lediglich mit Zucker und Essig haltbar gemacht. Ketchup in Deutschland war bis tief ins 20. Jahrhundert hinein Importware. Ein erstes Rezept im deutschen Kochbuch erschien zwar 1912, aber produziert wurde Ketchup erstmals 1937 in der Nähe von Bremen.  

Die ursprünglichen Wurzeln des Ketchups scheinen in Asien, zwischen China, Vietnam und Indonesien zu liegen, etwa als kê-tsiap, eine chinesische sojasaucen-ähnliche Würzsoße auf Basis von fermentiertem Fisch, die von Handels-Seefahrern nach Europa und Asien mitgebracht wurde.

Dass Ketchup seinen Einsatz jenseits vom Kotelett findet, kann man übrigens sehr schön auf den Social-Media-Kanälen von Werder nachvollziehen, auf denen sich die eingeschworenen Fans fleißig zu ihren jeweiligen Lieblingsrezepten austauschen.

Artikel-Teaserbild (oben): Werder Feinkost GmbH

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

4 thoughts on “Ketchup: rot und regional

  1. „Was bei uns aber die Regionalität ausmacht, ist die Wertschätzung der Produkte und Sorgfalt in der Herstellung” ??? Ist das die Definition ???

    1. Das ist ein Zitat des Geschäftsführers von Werder Feinkost, das beschreibt, dass die Tomaten für den Ketchup zwar nicht aus der Region stammen, der Herstellungsprozess aber vor Ort stattfindet und sorgfältig kontrolliert wird.

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