Am östlichen Rand Berlins liegt zwischen grünen Hügeln und Plattenbauten das Areal der Gärten der Welt. Hier gibt es aber nicht nur hübsche Blümchen, sondern auch kulinarische Besonderheiten. Lebensmittelmagazin.de genießt unter anderem englische und chinesische Teekultur.
Wo die Büdchen in anderen Parks mit Fritten, Eis am Stiel und Limonade aufwarten, können sich die Besucherinnen und Besucher der Gärten der Welt auf ein vielfältiges Angebot freuen. Bereits aus der Seilbahngondel sieht man die verschiedenen Gartenareale durchscheinen. Normalerweise ist an einem sonnigen Wochenende besonders der Wasserspielplatz mit Familien übervölkert. Jetzt, Montagmorgen, bei leichtem Regen, ist der Park nahezu leer. Eine Schulklasse verbringt hier seinen Wandertag und versucht bestmöglich nicht nass zu werden.
Leichter Regen im Park.
Fotos: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de
Shortbread und Darjeeling in England
Einladend sieht das Cottage im englischen Garten mit Staudenbeeten und Spalierobst aus. Passend dazu hört man in der Nähe Schafe. Die Blütenfarben von Lavendel, gelben Stauden und Rosenbüschen leuchten gegen den grauen Himmel an. Im Cottage herrscht dafür die Heimeligkeit eines Wohnzimmers. Hübsch dekoriert mit Einzelstücken, Blümchen-Porzellan in den Regalen, die auf dem Flohmarkt gefunden wurden, wie die Pächterin verrät. Bei gutem Wetter würde man sich auf der Terrasse bei Tee und Gebäck an den Blumen erfreuen. Aber bei einer Tasse Darjeeling im Cottage raus in den Regen zu schauen und sich daran zu erfreuen, wie dicke Tropfen von den Blättern rollen und Falter auf der Suche nach Schutz über den Beeten taumeln, kommt der englischen Realität doch viel näher. Dazu passt auch das Angebot an Gebäck, wie das Triple Chocolate Shortbread oder die Lemon Bar mit saftigem Lemoncurd. Das Gebäck bekommt das Cottage in Ermangelung einer eigenen Backstube quasi im Rahmen des Commonwealth von Tims Kanadische Backware geliefert. Schmeckt fast so gut wie aus God’s own Country.
Fotos: Johannes S. – lebensmittelverband.de
War nicht alles schlecht in der Ehemaligen
Die Gärten der Welt gehören zu den wenigen glorreichen DDR-Überbleibseln der Stadt. Sie wurden 1987 anlässlich der 750-Jahr-Feier als Berliner Gartenschau und Geschenk der Gärtner an die Hauptstadt der DDR eröffnet und galten als Ost-Pendant zur Bundesgartenschau, die 1985 in den dafür konzipierten Britzer Gärten im Südwesten Berlins stattfand. Anders als etwa der Palast der Republik erfreuen sich die Gärten der Welt dem ständigen vitalen Ausbau und besonders in den Sommermonaten des regen Besuchs.
Der jüdische Garten
Eins der jüngsten Gartenprojekte ist der jüdische Garten, nachdem es auch bereits einen orientalischen Garten in muslimischer Tradition und einen christlichen Garten gibt. Während sich der orientalische Garten unter anderem von prachtvollen Vorbildern der Mogularchitektur inspirieren ließ und der christliche Garten das Konzept eines klassischen Kreuzganges verfolgt, ist die Idee eines jüdischen Gartens mangels konkreter Vorbilder etwas komplexer. Die Landschaftsarchitekten vom Atelier le Balto, die auch den Garten der Diaspora im Jüdischen Museum in Kreuzberg entwarfen, nahmen sich dem Thema des jüdischen Gartens auf sehr subtile Art und Weise an. Während die meisten Themengärten in klar definierten Räumen angelegt sind, sind die Grenzen des jüdischen Gartens diffus: Man betritt ihn nicht vom Hauptweg aus, sondern befindet sich irgendwann mittendrin. Es gibt auch nicht einen zu beschreitenden Weg, sondern Verästelungen bilden vielfache Wegeoptionen.
Der jüdische Garten.
Fotos: Johannes S. – Lebensmittelmagazin.de
Trotz zweier Kunstwerke der Künstler Manfred Pernice und Wilfried, gleichzeitig Sitzmöglichkeiten, findet man keinerlei Symbolik, die explizit auf das Judentum verweist. Es sind auch keine klaren, geraden Beete bepflanzt, sondern die Lücken zwischen den Wegkreuzungen. Die Zusammenstellung von Nutz- wie Zierpflanzen, Obststräuchern wie Himbeerhecken, Johannisbeeren und Schlehen zusammen mit duftenden Lavendelbüschen, üppig blühenden Rosensträuchern und Kräutern wie Thymian oder Wermut und dazu Obstbäume wie Apfel, Feige und Granatapfel sind u. a. Verweise auf den Garten Eden. Allen Pflanzen ist gemein der Bezug zur jüdischen Literatur bzw. ihre Bedeutung im jüdischen Kulturleben, wie die Gemüse, Kräuter und Früchte auf dem Sederteller zu Beginn des Pessachfestes, beispielsweise Sellerie, Radieschen, Petersilie, Zwiebeln oder Kartoffeln. Auf einer Tafel lassen sich die angebauten Pflanzen thematisch zuordnen. Auch wenn die Artischocke verführerisch wächst, gilt trotzdem: Nur gucken, nicht anfassen, oder gar ernten! Alle Besucherinnen und Besucher sollen sich daran erfreuen können. Ob das beim Himbeerstrauch auffällt, wenn eine abhandenkommt?
Auf einen Tee in Peking
Nicht weit vom Jüdischen Garten entfernt heißen zwei steinerne Löwen am Eingang zum Garten des wiedergewonnenen Mondes willkommen. Um den Seerosenteich herum führt der Garten mit Bambussträuchern und dunkelroten Ahorn. Über das Ufer ragen die Zweige von Trauerweiden. Der Garten des wieder gewonnenen Mondes ist der erste Themengarten der Gärten der Welt und wurde bereits 1994 im Rahmen des Vertragsabschlusses der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Peking vereinbart und nach Plänen des Pekinger Instituts für klassische Gartenarchitektur entworfen. Mit dem Anspruch authentischer und traditioneller Bauweise wurden hierfür an die 100 Seecontainer mit Bauteilen und Deko-Elementen des Gartens von China nach Deutschland verschifft. Zur Jahrtausendwende wurde der Garten feierlich eröffnet.
Garten des wiedergewonnenen Mondes.
Fotos: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de
Die Betreiberin des Teehauses „Berghaus zum Osmanthussaft”, Yali Yu, war damals als gelernte Landschaftsarchitektin an der Arbeit zur Anlage des Gartens beteiligt. Es ist still im Teehaus. „Das ist zwar gar nicht schön fürs Geschäft, aber trotzdem mal ganz angenehm”, sagt Frau Yu mit Blick auf die Wellenkreise auf der Teichoberfläche. Ein Tagpfauenauge hat sich verirrt und flattert entlang der Scheibe. „Von den Pflanzen zum Tee ist es gar nicht so weit”, erklärt sie ihren Bezug zum Tee. Sie stammt aus einer Region in China mit großer Teetradition.
Im Teehaus „Berghaus zum Osmanthussaft“.
Fotos: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de
Sie gießt einen Oolong, einen Felsentee aus Südostchina, ein. Er duftet blumig mit Röst- und Karamellnoten. Sein Name lautet „Großes rotes Gewand”. Der Tee in der Schale ist eher bernsteinfarben. Auf den fragenden Blick erklärt die Teewirtin: „Hinter diesen fantasievollen Namen stehen immer Legenden, auf die sich die Produkte beziehen.“ Ob es denn wenigstens beim Teehaus zum Osmanthussaft einen passenden Osmanthus gäbe? Sie lacht: „Tatsächlich steht hinter dem Teehaus eine Pflanzschale mit einer Varietät des Osmanthus, da dieser hier normalerweise nicht wachsen würde. Tragischerweise haben die Besucherinnen und Besucher keine Möglichkeit zu erleben, wie er Anfang des Jahres im Kühlhaus blüht.”
Nie auf leeren Magen
Auch das Teehaus entbehrt einer Küche. Trotzdem gibt es hier Köstlichkeiten zum Tee, die sich allerdings geringfügig von der klassischen Teegebäckmischung hierzulande unterscheiden. Ein etwas größerer Keks hat die Konsistenz eines Brownies, aber anstelle von Schokolade verbirgt er einen saftigen süßen Netzmelonenkern. Ganz besonders spannend ist ein schlichter Keks, der wie ein übergroßes Reiskorn ausschaut und aus Reismehl gebacken ist. Er hat eine ganz poröse Struktur und ist krachend knackig beim abbeißen. „Man sollte Tee nie auf leeren Magen genießen, mit solchen Keksen ist er weitaus bekömmlicher”, meint Frau Yu.
Fotos: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de
Neben der Möglichkeit hier einen Tee zu genießen, bietet das chinesische Teehaus auch die Möglichkeit an einer Teeverkostung teilzunehmen, bei der drei Tees vorgestellt werden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, an einer Teezeremonie teilzunehmen. Frau Yu nennt es lieber Zusammenkunft. Denn anders als bei der ritualisierten japanischen Teezeremonie geht es weniger um die Abfolge der kunstvollen Bewegungen als vielmehr um die konzentrierte Zubereitung des Tees, bei der die Gäste die Möglichkeit haben, in Ruhe und Respekt Tee genießen zu können.
Über 40 Sorten Tee, von grün bis Pu Erh, werden im Berghaus zum Osmanthussaft angeboten. Auf die Frage, ob sie einen Lieblingstee habe, erwidert sie: „Inzwischen schätze ich alle meine Tees, jeder hat seine eigene individuelle Charakteristik.“ Und welchen Tee trinken die Gäste am liebsten? Sie schmunzelt: „Früher haben sie vor allem Jasmintee getrunken, Dann folgten grüne Tees. Inzwischen sind auch Tees aus allen anderen Kategorien beliebt. Aber auf der anderen Seite kann ich sagen, dass die Reaktionen und Eindrücke auf ein und demselben Tee sehr unterschiedlich sein können.”
Artikel-Teaserbild (oben): Johannes S. – lebensmittelmagazin.de