Süße Vielfalt in Köln

Zur internationalen Süßwarenmesse trafen sich Willy Wonkas Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt in Köln zum Stelldichein. Lebensmittelmagazin.de hat sich durchgeschleckt. 

Ob Schokolade, Gummibärchen, Keks oder Chips und Co – auf der Internationalen Süßwarenmesse (ISM) haben sich Anfang Februar Produzenten, Händler und sonstige Naschkatzen aus aller Welt getroffen, um die süßesten Innovationen kennenzulernen und Trends zu präsentieren. 

Nicht nur eine Geschmacksfrage 

Ausschließlich für Fachbesuchende bietet die ISM jährlich nicht nur einen umfassenden Überblick über die neuesten Entwicklungen der Süßwaren- und Snackbranche, sondern auch wertvolle Networking-Möglichkeiten und Einblicke in zukünftige Markttrends.

Große Teile der Ausstellung präsentierten in diesem Jahr Maschinen und Produktionsanlagen entlang der Wertschöpfungskette, wie beispielsweise moderne und nachhaltige Verpackungslösungen, KI-basierte Softwarelösungen und viel mehr, was für Produzentinnen und Produzenten interessant ist. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher wesentlich spannender ist der Ausblick auf die kommenden und bleibenden Trends und neuen Geschmacksrichtungen.

Wie aus tausend und einer Nacht

Ein solch großer Trend auf der Messe war zwar nicht mehr so neu, gibt aber nach wie vor Rätsel auf: Dubai-Schokolade. Wie kann es sein, dass eine Schokokreation Verbraucherinnen und Verbraucher seit einem halben Jahr dazu animiert, bis zu 15 Euro für eine Tafel Schokolade auszugeben? Dabei sollte man außerdem berücksichtigen, dass das Original „Can’t Get Knafeh of It“ der Emiratischen Schokoladenmanufaktur Fix Dessert Chocolatier kaum erhältlich ist.

Martin van Almsick ist Central Manager der al Nassma Kamelmilchschokolade in Dubai und referierte auf der ISM Expert Stage. Er kommentierte den außergewöhnlichen Hype folgendermaßen: „Dubai Schokolade ist ein hervorragendes Beispiel für einen Trend, der nicht aus der Industrie herauskam, sondern bereits 2021 in Dubai von einer kleinen Schokoladenmanufaktur entwickelt wurde und sich über eine Food-Influencerin über die sozialen Medien mittlerweile global ausgebreitet hat. Wohlgemerkt: es wurde quasi kein Geld für Marketing ausgegeben. Wobei, das muss man zugeben, sich ein Pistazientrend bereits zuvor abzeichnete.”

Das Bemerkenswerte sei, dass der Name nicht geschützt ist und so von jedem verwendet werden könne. Gleichzeitig wäre es so, dass aufgrund der ausgesprochen klebrigen Mischung aus Pistaziencreme, Engelshaar und Tahini die Dubai-Rezeptur denkbar ungünstig sei, um von den großen Schokoladenherstellern in großer Stückzahl hergestellt zu werden.

Dubai-Schokolade sei außerdem symptomatisch dafür, dass sich die Schokoladengeographie ändert. Der Schokoladenexperte sieht Dubai als nächste Schokoladen-Hauptstadt der Welt und Dubai-Schokolade könnte Mozartkugeln aus Salzburg und Trüffeln aus Belgien als Souvenir harte Konkurrenz machen. Der Fokus auf Schokolade verschiebt sich nach Asien. In Japan sei der Schokoladenkonsum schon erheblich angestiegen und China zöge nach, was aufgrund der Populationsdichte sich erheblich auf den Preis auswirken wird, erklärte Van Almsick.

Kamelmilch-Schokolade aus Dubai – Ein salzig-süßer Genussmoment
Foto: Johannes – lebensmittelmagazin.de

Erfreulicherweise gab es am Ende des Vortrags die Möglichkeit Dubai-Schokolade von El Nassma in der Kamelmilch-Variante zu verkosten, die einen geringeren Milchzuckergehalt hat und ein wenig salzig schmeckt. Sie machte sich ganz hervorragend und Hunger auf mehr.

Tatsächlich stieß man an allen Ecken und Enden der Messe bei nationalen wie internationalen Produzenten auf die jeweiligen Dubai-Schokoladen-Replikas. Auch bei traditionsreichen Produzenten wie Brandt Zwieback-Schokoladen fand man unter den Produktneuheiten Köstlichkeiten aus Schokolade mit Pistazie.

Saure Zeiten

Der andere omnipräsente Trend ließ einem buchstäblich das Wasser im Mund zusammenlaufen. Getreu dem Motto „Gibt dir das Leben Zitronen, mach Limonade daraus” fand man solche sauren Fruchtgummis, Kaubonbons, Bonbons oder wie den ISM New Product Showcase Award-Gewinner „Yummy super sour candy paper” von der niederländischen Manufaktur Primus Wafer Paper.

„Yummy super sour candy paper” aus den Niederlanden
Foto: Johannes – lebensmittelmagazin.de

Überall reizten die sauren Süßigkeiten den Gaumen, mit oft sympathischen Namen wie „brain blasterz” oder „Toxic waste”. Am Stand der amerikanischen Marke Freeze Nums, gefriergetrocknete Bonbons, verriet der Händler ein wichtiges Detail: „Man darf damit nicht übertreiben, sie dürfen nicht zu sauer sein. Sonst bleibt es bei nur einem Bonbon. Weniger is(s)t mehr” 

Die gefriergetrockneten Bonbons boten übrigens eine spannende Alternative zu den üblichen Bonbons mit ihrer porösen Struktur.

Das hinter dem Sauer-Trend wiederum Social Medias wie tiktok mit diesbezüglichen Challenges stecken, kam bei Felko aus Holland heraus, die Sauer als Fruchtgummi, Sirups und vieles mehr anboten.

Kinderkram

Besonders abgedreht waren die Süßigkeiten von Dr Sour, wie der „1 2 Shake“, eine Limonade zum selber zu mischen, in krassen Farben, wie aus dem Labor, perfekt für den nächsten Kindergeburtstag. 

Bunte Limonade zum Selbermixen – Dr Sour bringt Farbe ins Glas
Foto: Johannes – lebensmittelmagazin.de

Apropos Kinder, dass Schokolade auch mehr als Schokolade sein kann oder über Kinder-Trends wie das Dauerbrennerthema Harry Potter hinausgeht, bewiesen Unternehmen, wie Gamesformation aus den Niederlanden: Brettspiele aus Vollmilchschokolade sind das perfekte Mitbringsel für Kinderplaydates: Wenn man keine Lust mehr hat bekannte Brettspiele wie Cluedo, Scrabble oder Monopoly zu spielen, isst man diese einfach auf. 

Außerdem gibt es jetzt auch die LOL Surprise-Puppen unter anderem als Cookies zum gemeinschaftlichen Bemalen mit Zuckerfarben. Man fand Alternativcookies beispielsweise im Dinosaurierlook von der ukrainischen Marke Delicia.

Neue süße Wege

Ob schälbare Fruchtgummis, also quasi Gummibärchen in zusätzlicher Fruchtgummi-Hülle, aus dem Reich der Mitte die neue heiße Sache werden, bleibt abzuwarten.

Den letztjährigen ISM New Product Showcase Award-Gewinner, die Schokoladen-Alternative Choviva fand man dafür bereits bei dem einen oder anderen Keks wieder, ein scheinbar erfolgreicher Lösungsweg bei der drohenden Schokokrise. 

Gesunder Hedonismus

Unter den diesjährigen Showcases war das frisch im Oktober 2024 gegründete Münchner Unternehmen Hal. Dessen Produkte sind Mugi Cha, ein traditioneller erfrischender Eistee aus Japan, allerdings auf Hafer- statt Gerstenbasis, als Instant-Option. Außerdem Bites, eine mit Feigen gesüßte Leckerei, in Himbeer-, Kakao- und Gerstengrasgeschmack, die ein wenig an Matcha erinnert. Das Konzept dahinter ist, dass zum einen aus dem Hafer der Tee gebraut wird und zum anderen aus dem übrig gebliebenen Hafer-Teesatz die Süßigkeit hergestellt wird. Es wird also nichts verschwendet. Tomoko Spoerl, die Gründerin erklärte: „Hal ist das altenglische Wort für Gesundheit Health. Ich möchte mit meinen Produkten einen ‘healthy Hedonism’ vorantreiben. Hafer ist nicht nur für uns gesund, sondern auch für die Umwelt, denn der Haferanbau reinigt das Grundwasser beispielsweise von Nitraten.”

Neue pikante Details

Auch an der pikanten Front gab es erwähnenswerte Innovationen: das amerikanische Unternehmen Hippeas präsentierte Flips auf Kichererbsenbasis, die nicht nur kalorienärmer dafür protein- und ballaststoffreicher sind als herkömmliche Flips auf Maisbasis.

Hippeas: Proteinreiche Kichererbsen-Flips als Snack-Alternative
Foto: Johannes – lebensmittelmagazin.de

Ob die veganen Beet Jerkies auf Rote Bete-Basis des Berliner Startups Karl Karlo einen Kraftsportler davon abhalten können, dafür auf seine Proteinquelle des Beef-Originals zu verzichten, bleibt abzuwarten. Als Snack auf Gemüsebasis war es aber lecker. 

Nicht nur Umweltschutz stellt eine Herausforderung dar, sondern auch der Fachkräftemangel: Zuckerwatte kann mit Hilfe des polnischen Unternehmens Kwiatowat jetzt im Automaten frisch aufgewickelt werden.

Kwiatowat: Frische Zuckerwatte aus dem Automaten
Foto: Johannes – lebensmittelmagazin.de

Die junge Dame berichtete: „Wir haben diese Automaten ursprünglich aus China bestellt und erlebten ein Missgeschick nach dem anderen damit. Jetzt bauen wir die Automaten selber und haben mit drei Maschinen inzwischen großen Zuspruch.” 

Nicht automatisiert aber kinderleicht verspricht zukünftig Stico zu sein, die herzhaft-heiße Variante vom Magnum-Eis, bei der Köstlichkeiten wie Chicken Curry oder Schinken-Käse im Brotteigmantel inklusive Stiel zukünftig auf Festivals oder ähnlichen Anlässen einfach im Airfryer gegart werden können.

Herzhaft am Stiel: Stico bringt deftige Snacks in Eis-Optik
Foto: Johannes – lebensmittelmagazin.de

Artikel-Teaserbild (oben): Johannes – lebensmittelmagazin.de

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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