Die Allgemeine Nahrungs- und Genussmittel-Ausstellung Anuga hat ihre Tore für Fachbesucher geöffnet. Aussteller aus aller Welt zeigten, was demnächst im Supermarktregal stehen könnte. Lebensmittelmagazin.de hat sich umgeschaut.
Einem riesengroßen globalen Supermarkt gleich, präsentierte vergangenes Wochenende die Anuga, die weltweit heißesten Neuigkeiten der Lebensmittelbranche, seien es Delikatessen, Rohstoffe oder technische Neuheiten. In einer Sonderausstellung, kuratiert von Expert:innen und Journalist:innen, kann man 67 Anuga taste Top Innovationen 2021 gesondert in Schaukästen bewundern. Beim Gang durch die Ausstellung stellt die Pressesprecherin des Lebensmittelverbands Deutschland Manon Struck-Pacyna fest: „Im Vergleich zu vergangenen Jahren scheint Zucker- und Fettreduzierung keine große Rolle mehr zu spielen, wahrscheinlich, weil es bereits als gesetzt gilt. Nachhaltig, pflanzenbasiert und functional stehen bei der Anuga 2021 im Fokus.“
Die Top Innovationen
Der Cremige von „Dr. Mannah‘s Daily Vegan“, ein Camembert aus fermentiertem Blumenkohl ist eine spannende Alternative zu den etablierten pflanzlichen Alternativen auf Nuss- oder Hülsenfrucht-Basis. Auch „Coolives“, aromatisierte, getrocknete Oliven versprechen eine interessante Weiterentwicklung im Snack-Bereich. Bei insgesamt 4.600 Vertretern aus 98 Nationen war es dann aber nicht so leicht, alle Aussteller:innen zu finden. Die Neugierde auf Oliven in Geschmacksrichtungen wie „Cherry Kiss“ und „Coconut“ wurden nach einer Dreiviertelstunde erfolgloser Suche in der Halle voller Oliven trotz vorhandener Koordinaten gedämpft.
Nach einer Stärkung mit marokkanisch-gewürztem Hummus aus Estland und Hühnersuppe aus Spanien ging es zum Strand von „Ecosystem Innovative“ aus Frankreich mit ihrem Liquid Spirulina. Die Mikroalge gehört zum Functional Food und der leuchtend blaue Farbstoff war bislang nur als Pulver bekannt. Das französische Unternehmen hat jetzt ein Verfahren entwickelt, die Zellflüssigkeit zu extrahieren und reichert es mit Pilzextrakten an. Mit Wasser aufgegossen leuchtet es geheimnisvoll blau im Glas. Umso überraschender war der angenehm zurückhaltend fruchtige Geschmack.
Aus fernen Ländern
Fast genauso spannend wie die kulinarischen Innovationen waren die exotischen Anbieter, die ihre heimischen Produkte präsentieren. Auf dem Stand von „Umami Paris“ gab es aus Japan importierten Miso zu kosten, in vier Stufen vom süßen weißen Shiro Miso, bis zum letzten, scharf-würzigen Dunklen. Das Unternehmen importiert Lebensmittel unterschiedlicher Hersteller aus Japan.
Als Yu Hidaka von „Citrus Japan“ frische Yuzulimonade aufsetzt ist es zu verlockend, um weiterzulaufen. Den einzigartigen zartbitteren Yuzugeschmack einer japanischen Zitrusfrucht, die optisch einer Mandarine ähnelt, findet man hier nur sehr selten. Der Yuzuimporteur bestätigt: „Meistens bekommt man sie als Pulver, Saftkonzentrat oder als Marmelade für Tee“. Auf dem Tablet zeigt er Bilder und Videos von einer Yuzuplantage in Shiromi mitten in den Bergen auf der japanischen Insel Kyushu. „Diese Früchte wachsen nur hier. Man hat versucht sie im spanischen Valencia anzupflanzen. Doch die Früchte brauchen das spezifische Klima, die hohe Luftfeuchtigkeit und das große Tag-/Nacht-Temperaturgefälle.“
Die essbaren Käseschalen der italienischen Marke „Cowboys Farmhouse“, kannte man bislang eher als Do-it-yourself-Variante diverser Fernsehköch:innen mit geraspeltem Käse über umgedrehten Muffinformen. Die Schalen aus Grana Padano machen einen stabileren Eindruck. Ob sie tatsächlich in der Lage sind, Soßen und Dressings standzuhalten wird sich zeigen, denn der freundliche junge Herr gab direkt eine ganze Sechserpackung mit, nachdem er zum Knuspern einlud.
Technik, die begeistert
Eine möglicherweise sinnvolle Antwort auf die gegenwärtige Strohhalmproblematik sind die essbaren Trinkhalme auf Apfelfaserbasis von „wisefood“ aus München, die Stabilität im Getränk von mindestens einer Stunde, eisgekühlt sogar noch länger, versprechen.
Sehr ansprechend waren die Aussteller von „Vito“, die ihre Frittierölfilter präsentierten. In viereinhalb Minuten soll der Filter jedes Frittieröl reinigen, egal welches Volumen, umso bis zu 50 Prozent Frittieröl einzusparen und optimale Qualität zu gewährleisten. Die Frage, ob damit das Frittieren süßen Backwerks, wie beispielsweise Berliner Pfannkuchen im selben Fett, wie beispielsweise Pommes Frites möglich sei, bestätigte Gesamtvertriebsleiter Alexander Schauf. Spannendste Aussage über eine gaußsche Qualitätskurve von ihm war aber: „Für den optimalen Frittiervorgang benötigt das Fett ein bisschen Verderb“.
Die Umwelt retten
„Liebe deine Umwelt“ lautet übersetzt der Name der taiwanesischen Bio-Eisteemarke „Sio-Sioh“, erklärt Ausstellerin Grace Huang. Traditionelles taiwanesisches Teehandwerk, trifft auf Gesundheitsbewusstsein und Umweltschutz – schöner Claim.
Man kann sich streiten, ob der Name „Monkey by the Sea“ oder ihr Produkt origineller sind. Zum dritten Mal in diesem Monat testen wir Thunfischersatz, diesmal auf Reisbasis. Für das niederländische Unternehmen ist die Anuga die erste Messe, auf der sie ausstellen. Thijs Wullems, erklärt den Markennamen, dass Affen neugierig auf alles Essbare seien und in Meeresnähe auch Algen probieren. Ebenfalls im Sortiment haben sie fischfreie frittierte Bällchen, dem Hollandurlauber als Kibbeling bekannt.
Der Rundgang über die Anuga endet bei einem amerikanischen Stand für Bio-Pfefferminzbonbons „VerMints“. Die Überlegung kommt hoch, dass es tatsächlich keine Bio-Linie bei etablierten Kaugummis und Pfefferminzbonbons gibt, komisch eigentlich.
Honig ohne Biene
Zum Schluss gibt es beim Stand des Schwesternverbands, der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), noch ein Treffen mit der Erfinderin von „Zeronig“, Daniela Sepp, von „Principessa“. Ihre vegane Honig-Alternative gehört ebenfalls zu den Anuga Top Innovationen 2021. Im Gegensatz zu „Kunsthonig“, ist er zuckerfrei und auf Basis von Tapiokasirup: „Schmeckt wie Honig, ist kein Honig“. Er sei reich an Ballaststoffen. Dabei legt die Erfinderin großen Wert, keinesfalls in Konkurrenz mit Imkerhonig treten zu wollen: „Ganz im Gegenteil, zehn Cent für jedes Glas werden zum Bienenwohl gespendet. Ich möchte keinesfalls den Imkern, den Honig vom Brot nehmen, aber den konventionellen Honig aus dem Supermarkt, den man eher zum Kochen, Backen oder für den Tee nimmt.“
Der generelle Eindruck war, dass sich Lebensmittelherstellende überall auf der Welt der Problematik des Klimawandels bewusst sind und Antworten darauf gesucht haben, deren Resultate sie auf der Anuga präsentierten. Es bleibt bei den Verbraucher:innen, das reichhaltige Angebot anzunehmen.
Haupt-Artikelbild (oben): © Koelnmesse GmbH, Thomas Klerx