Ob lustige YouTube-Videos mit Pudel am Herd oder fragwürdige Rezepte und Amateurkreationen, das Internet quillt über mit Kulinarik. Im besten Falle schöner Foodporn, aber was fehlt ist ein nützliches Kochmedium – fanden die Kitchen Stories-Gründerinnen. Lebensmittelmagazin.de hat mit einer von ihnen, inzwischen Bundestagsabgeordnete, telefoniert.
Verena Hubertz (MdB) ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag und bringt ihre Erfahrungen als Unternehmerin in die Ausschüsse Wirtschaft, Bauen und Tourismus ein. Denn Hubertz hat bereits ein spannendes Leben vor dem Bundestag. Sie ist eine der beiden Gründerinnen der weltweit erfolgreichsten Koch-App „Kitchen Stories“ mit über 23 Millionen Downloads in 150 Ländern. Während des BWL-Studiums fanden die Gründerinnen Mengting Gao und Verena Hubertz über ihre Leidenschaft für gutes Essen zueinander. Allerdings mit kulinarischer Diskrepanz: Während Mengting Gao bereits als passionierte Hobbyköchin den Kochlöffel schwang, war Verena Hubertz noch ambitionierte Kochanfängerin. Über das Vermitteln und Austauschen von Erfahrungen am Herd gründete sie gemeinsam mit ihrer Kommilitonin Kitchen Stories, nachdem beide nach Berlin zogen. „Hier herrschte das richtige Ökosystem für Apps“, erklärt Verena Hubertz.
Inspiration & Schritt für Schritt
Im ersten Video, das auf der App angezeigt wird, kocht Senior Food Redakteurin Ruby Goss sizilianische Pasta mit Brotkrumen und wildem Fenchel. Während sie kocht, erzählt sie von ihrer jüngsten Reise nach Sizilien, das Leben dort und natürlich über Lebensmittel, die sie dort entweder wild pflückt oder auf dem Bauernmarkt kauft. „Natürlich sollen die Videos inspirieren und eine Besonderheit ist der Storytelling-Ansatz“, meint Hubertz. Grundsätzlich gilt bei Kitchen Stories das Motto „anyone can cook“ – alltagstaugliche Rezepte aber der besonderen Art. Die meisten Rezepte seien mit zwei- bis dreiminütigen Videoclips ausgestattet, die anschaulich die einzelnen Schritte begleiten. „Das ist nämlich ein Problem der konventionellen Kochvideos, die man auf YouTube findet – Pausenklicks und im Zweifelsfall alle paar Augenblicke zurückgehen zu müssen, um den Arbeitsschritt noch mal nachzuvollziehen“, erklärt die Abgeordnete. In diesem doch saturierten Arbeitsfeld, mit einer schier unendlichen Vielzahl an Kochvideos und Rezepten sahen die beiden Frauen das Potenzial für eine App, die dabei nützlich ist. Mit Erfolg! Zu den prominenten Fans der Koch-App gehört unter anderem Apple-Boss Tim Cook, der in Berlin schon vorbeischaute.
Rezepte mit Team und Technik
Inzwischen arbeiten mehr als 60 Mitarbeiter bei Kitchen Stories. Ungefähr ein Drittel davon seien Food-Entwickler, sowie Fotografen und Video-Designer, die unermüdlich neue Rezepte entwickeln und authentisch in Bild und Film präsentieren, oder wie Verena Hubertz sagt: „Das sind gute Fotografen, mit dem Anspruch, ohne Hilfsmittel wie Haarspray und Lack zu arbeiten“. Daneben gibt es die Rezepte aus der Community, die je nach Zustimmung gerankt werden. Unter den jeweiligen Namen der Rezeptgeber:innen findet sich die Information, ob sie für Kitchen Stories arbeiten oder aus der Community stammen. Die ehemalige Unternehmerin erklärt: „Auf Basis von Datenanalysen anonymisierter Behaviour Cohorts wird der Content entwickelt. Wenn also in Thailand vermehrt nach Rezepten mit Dragonfruit gesucht wird, nehmen wir das dann auf. Dann erhalten beispielsweise die professionellen Köch:innen und Rezeptentwickler:innen die Information, dass sie ein Rezept als One-Pot-Gericht mit Huhn entwickeln sollen, weil beides gerade trendet. Es ist allerdings schon vorgekommen, dass ein Rezept für Low-Carb-Cookies zurückgezogen wurde, obwohl schon alles dafür abgedreht war, einfach aus der Tatsache heraus, dass dem Team von der Technik diese Kekse einfach nicht schmeckten. Hier wird also kein Rezept ungeprüft online gestellt“, lacht Verena Hubertz.
High-Tech und Schokocreme
Auf der anderen Seite gäbe es die Kooperationen mit Bosch, wobei Kitchen Stories dann selbst die Gerichte beispielsweise für den Cookit-Automaten von Bosch entwickelt, oder auch mit Nutella, bei deren süßen Rezepten das kleine Logo am Rand zu erkennen ist. Neben dem digitalen Einkaufszettel gibt es in den Großstädten schon Kooperationen mit den Einkaufslieferdiensten Flink und Gorillas, ein Thema mit Ausbaupotential für die Zukunft, wie die Abgeordnete und Gründerin Verena Hubertz findet. Inzwischen ist sie allerdings aus dem operativen Geschäft ausgeschieden und konzentriert sich vollständig auf ihr Mandat als Bundestagsabgeordnete.
Artikel-Teaserbild (oben): Kitchen Stories