An den Bauchnabel der römischen Liebesgöttin Venus sollen Tortellini erinnern. In den USA werden sie dieses Wochenende mit einem eigenen Tortellini-Tag gefeiert. Grund genug, nach Spandau zur Pastamanufaktur zu fahren.
Das Berliner Unternehmen Mondo Pasta GmbH produziert tiefgekühlte frische Pasta für die Gastronomie sowie frische Pasta auf Bestellung. „Tiefkühlung bietet die beste Option, zu jedem Zeitpunkt über frische Pasta verfügen zu können und auf Konservierungsstoffe verzichten zu können“, erklärt Ignazio Arena, Inhaber und Geschäftsführer. Seit 20 Jahren gibt es die Pasta-Manufaktur in Spandau. Bundesweit beliefert Mondo Pasta Gastronomien mit frischer Pasta, 15 Prozent gehen in den Export ins europäische Ausland.
Es war einmal in Sizilien
Der Beginn der Manufaktur reicht zurück ins Jahr 1950, als sein Großvater in Catania auf Sizilien eine Manufaktur für trockene Pasta, Spaghetti, Tagliatelle und Makkaroni hatte – bis zu einem Brand in den 70er Jahren. Danach musste sich Großvater Arena neu orientieren: „Als die Manufaktur noch existierte, hat mein Vater meinem Großvater dort geholfen, ich kann mich ganz dunkel als kleines Kind dran erinnern“, erklärt der Ignazio Arena. Er selber ist als junger Koch in den 90ern nach Berlin gezogen, die übrige Familie lebt nach wie vor auf Sizilien. „Ich habe die ersten acht Jahre als Koch gearbeitet, mich dann aber dazu entschlossen, meine Kreativität in der Pastamanufaktur zu entfalten. Aus der kleinen Manufaktur ist inzwischen ein 28-köpfiges Unternehmen geworden, das durchschnittlich zwei Tonnen Pasta pro Tag produziert.
Gastronomische Genüsse jetzt im LEH
Jetzt, nicht zuletzt als Konsequenz der Corona-Situation, baut das Unternehmen eine zweite Marke für den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) auf: „Pastarena – zu Ehren meines Großvaters, dessen Manufaktur unter Pasta Arena firmierte“, erklärt Ignazio Arena. Inzwischen kann man sie in Berlin im Frischeparadies, bei Mitte Meer und in drei Edeka-Filialen erwerben. Nicht nur er, sondern auch zwei weitere Köpfe seines Produktionsteams haben eine Ausbildung als Koch genossen. Das mag dann auch die außergewöhnliche Füllung der Herz-Ravioli jetzt zum Valentinstag begründen: Artischocke, abgeschmeckt mit Minze und Ingwer.
Mehl, Eier und Wasser
Jede Pasta, ob gefüllt oder nicht beginnt, beim Teig. „Bei Mondo Pasta verwenden wir ausschließlich Hartweizengrieß, den wir selber von einer kleinen Mühle auf Sizilien beziehen. Der heute über 90-jährige Besitzer kannte schon meinen Großvater, der ebenfalls dort für seine Manufaktur kaufte. Manche nehmen für Pasta auch Mehl, Typ 00, das eigentlich für Pizza gedacht ist. Es entspricht ungefähr der hiesigen Mehltype 405. Pasta aus diesem Mehl ist weicher und zerkocht leichter“, erläutert Ignazio Arena. Seine Pasta aus Hartweizengrieß habe zwar eine längere Kochzeit, aber auch einen besseren Biss. Über Eier in der Pasta gibt der Fabrikant zu bedenken, dass vegane Pasta sehr gut machbar sei, aber der Teig sei auch bröseliger. Eier sorgen für Elastizität und machen den Teig wertiger. Er empfiehlt mindestens zwei Eier pro Kilogramm Mehl. In den Pastateig von Mondo Pasta käme Hartweizengrieß, Eier und Wasser, kein Öl, kein Salz plus färbende Zutaten wie rote Beete, Kräuter, Spinat und ähnliches. Der Teig wird allmorgendlich in Portionen à 60 Kilogramm geknetet. „Auch wenn das von Maschinen erledigt wird, bei unserer Pastaherstellung ist noch viel Handarbeit dabei, nicht zuletzt das anstrengende Wuchten der großen Mehlsäcken, weswegen in der Produktion vor allem Männer arbeiten.“ Die Knetmaschinen unterscheiden sich im Übrigen sehr von heimischen Küchenmaschine mit Knetfunktion. Anstelle von Knethaken, der zu viel Luft einarbeiten würde, kneten kleine Griffel auf einer Walze entlang den Teig zur gewünschten Konsistenz. „Wichtig ist hierbei die langsame Verarbeitung, das dauert bei uns ungefähr 13 Minuten“, erklärt der Pastafachmann.
Um den Finger gewickelt
Über die Herkunft der Tortellini wird gestritten, ob sie aus Modena oder Bologna stammt. Hier werden sie von Hand gemacht; erst mit dem Nudelholz ausgerollt, dann werden Streifen á vier Rechtecken geschnitten. Mit dem Finger oder einem kleinen Löffel kommt etwas Füllung in die Mitte, diese besteht in Bologna klassischerweise aus zwei bis drei Sorten Fleisch. Die Kanten der Taschen werden optional mit Eiweiß bepinselt und dann übers Eck verschlossen und kunstvoll gefaltet. Im Restaurant kosten die Tortellini 25 bis 30 Euro das Kilogramm. „Wir orientieren uns an dieser Bologneser Variante für die klassischen Tortellini und marinieren Fleisch von Schwein und Rind zusammen mit frischem Gemüse wie Karotte, Sellerie und Zwiebeln in Rotwein. Nach dem Schmoren wird es zusammen mit italienischem Rohschinken und Mortadella gewolft, und mit Grana Padano DOP gebunden. Je nach Saison haben wir noch eine Wildfüllung mit heimischen Tieren, Kalbs-Ossobuco und zu Ostern Lamm aus Neuseeland und Irland.“ Grundsätzlich aber spielt Fleisch aufgrund der Nachfrage eine eher untergeordnete Rolle. „Wenn die das in Bologna wüssten“, lacht Arena. Wie viele andere italienische Gerichte seien auch Tortellini „Opfer“ der Internationalisierung geworden. Man denke beispielsweise an Spaghetti Bolognese. In Bologna würde man Tagliatelle zur Sauce Ragout servieren, an denen die Soße wesentlich besser haftet. Die Version, die wir hier in Deutschland kennen, würde es so in Bologna nicht geben. Inzwischen gibt es bei Mondo Pasta auch den Klassiker „Ricotta-Spinat“, dessen Ricotta Ignazio Arena aus Norditalien, aber auch von einem Berliner Produzenten bezieht. „Natürlich haben wir auch eine vollständig vegane Variante, bei der im Teig keine Eier sind und die Füllung aus Gemüse besteht“. Klassisch werden „Tortellini in brodo“, also in Brühe serviert, oder mit Sauce Bolognese, alternativ auch mit einer Käse-Sahne-Soße.
Fast wie von Hand
In der Produktion herrschen köstliche Düfte, zum einen mischt sich der herzhafte Duft der Fleischfüllung mit dem spezifischen Geruch frischer Pasta. Zur Füllung verrät der Pasta-Chef ein kleines Geheimnis: „Ganz wichtig für die Würze des Fleisches ist Muskatnuss.“ Arena zeigt auf einen großen Messbecher mit Vollei: „Auch unsere Eier beziehen wir aus Italien, da dort die Hühner speziell mit Mais gefüttert werden, was unter anderem für diese tolle Farbe sorgt.“ Während oben der Teig geknetet wird, kommt unten der Teig in einer 5 Millimeter dicken Bahn raus und wird aufgerollt. Diese Rolle wird in der nächsten Maschine auf ungefähr zwei Millimeter gewalzt, bevor im Bruchteil einer Sekunde die Tortellini gefüllt, ausgestochen und gefaltet auf einem Fließband weiterläuft. Die Qualität des Teigs, dessen Wassergehalt beispielsweise je nach Witterung durchaus variieren kann, wird durch Blick und Fingergefühl kontrolliert. Produktionsleiter Andreas Lange gibt zu bedenken: „Das ist eine Frage der Erfahrung und insbesondere bei Auszubildenden eine große Herausforderung.“ Im nächsten Arbeitsschritt werden die Tortellini pasteurisiert. Andreas Lange erklärt: „Bei 95° Grad werden die Tortellini zwei Minuten lang bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit im Tunnel gedämpft.“ Direkt im Anschluss werden sie über den Verlauf von zwei Bändern getrocknet und im Kühltunnel über drei Etagen auf 15° Grad runtergekühlt, bevor sie schockgefrostet werden. Gerade sind im Froster üppige Rote-Bete-Tortelloni mit Ziegenkäse-Trüffelfüllung. Tortelloni sind sozusagen die großen Tortellini. Bei minus 30° Grad werden sie auf eine Kerntemperatur von -18° Grad runtergekühlt. So produzieren sie rund 190 Kilogramm Pasta pro Stunde. Ignazio Arena gibt aber zu bedenken: „Das bleibt trotzdem eine sehr exklusive Pasta, wenn man bedenkt, dass die großen Industrieanlagen in Norditalien und Belgien in der gleichen Zeit 1.000 Kilogramm schaffen. Wir produzieren zwar weniger, dafür aber bessere Qualität. Ich habe meinen Lieferanten in Verona, der mir wöchentlich die Lebensmittel frisch bringt, wie beispielsweise Cime de Rapa aus Apulien oder z. B. 200 kg Pistazien aus Sizilien, die decken dann den Bedarf von acht Monaten.“
Mit der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemie liegt der Fokus auf einem Neu- und Umbau der Manufaktur hier am Standort Spandau, der aufgrund der aktuellen Situation für mehr als zwei Jahre auf Eis lag. Es ist Zeit für moderne Maschinen und mehr Digitalisierung.
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