Was passt bei warmen Temperaturen besser als ein Caprese-Teller mit Tomate, Mozzarella und Basilikum? Ein besonderer Genuss ist es, wenn es sich dabei um Büffelmozzarella handelt. Dieser muss noch nicht einmal aus Italien kommen. Lebensmittelmagazin.de besucht eine Büffelfarm in Jüterbog.
Eine Stunde Zugfahrt südlich von Berlin entfernt, liegt das beschauliche Jüterbog. Hier befindet sich der ökologische Büffelhof „Bobalis“ von Elke und Henri Henrion.
Schutt und Schotter
1998 hatte das Paar mit dem Wiederaufbau des Hofes begonnen. Ursprünglich gehörte der Hof den Urgroßeltern, die ihn nach dem zweiten Weltkrieg zum Großteil an Stadt und Land verkaufen mussten. Die Büffelzüchterin meint dazu: „Die Familie konnte ein Sechstel des Hofes die ganze Zeit über halten, sodass Stadt und Staat keine Möglichkeit hatten, den Hof anderweitig zu veräußern.“ Heute schaut Elke Henrion stolz auf ihren schönen Hof, den sie direkt zu Beginn bei der Restaurierung bepflanzt hatte. Hier ranken jetzt Blauregen am ehemaligen Schweinestall und wilder Wein windet sich entlang des Gemäuers vom Kuhstall. Die Bäuerin erinnert sich: „Bei der Übernahme war hier ziemlich viel verwahrlost. Es lag Schutt herum und in der Mitte des Hofes türmte sich die Heizkohle.“ Heute zieren gepflasterte Natursteine den Innenhof.
Geburt an Silvester
Zu Beginn standen 30 Büffelkühe und zwei Bullen in den Ställen. „Pünktlich in der Nacht zum 1. Januar 2000 kam das erste Kalb zur Welt. Damals haben mein Mann und ich noch in Berlin gewohnt und mussten erst einmal herkommen. Da hatten wir dann wirklich einen Grund zu feiern“, erinnert sich Elke Henrion. Warum überhaupt Büffel? „In den 90er Jahren kam Mozzarella auf. Während der Mozzarella aus Kuhmilch überall erhältlich war, bekam man Büffelmozzarella nur im KaDeWe. Wir wollten unseren eigenen Mozzarella haben. Mein Mann hatte in einem Artikel gelesen, dass die Büffelzucht der Rinderzucht gleichkommt“, sagt die Landwirtin. In Deutschland gebe es durchaus einige Büffelzüchter, vor allem die Muttertierhaltung zur Landschaftspflege. Alles in allem bliebe es aber eine Nischenproduktion.
Eine Tierärztin und ein Landwirt
Beste Vorbedingung für den Bobalishof war, dass sie vor der Büffelzucht als Tierärztin arbeitete und ihr Mann von Haus aus Landwirt ist. „Wenn irgendetwas gesundheitlich nicht in Ordnung ist, beispielsweise am Melkstand, gehe ich selber auf die Suche, dafür brauche ich erstmal keinen anderen hier.“ In der DDR gehörte zum Tierarzt-Studium außerdem die Ausbildung als Melker bzw. Zootechniker und Mechanisator – beste Voraussetzung für die angeschlossene Käserei. Bis zu neun Mitarbeiter:innen arbeiten mittlerweile im Betrieb.
Von Bullen und Büffelkühen
Auf dem Hof leben 170 Büffel, 65 davon sind milchgebende Büffelkühe, der Rest Bullen und Kälber. „Neben der Käseproduktion schlachten wir alle 14 Tage zwei Büffel. Die kommen zusammen in den Wagen, damit sie auch einigermaßen entspannt bleiben und sie fahren auch nur eine kurze Strecke ins Nachbardorf zu unserem Schlachter.“ Hinter dem Hof erstrecken sich weitläufige Weiden. Jetzt aber chillen die Büffel in den offenen Ställen beim Wiederkäuen. Neugierig kommen die Tiere heran. Allen voran Antonio, der Bulle, ist sehr neugierig, schnuppert erst und leckt die Hand. „Er ist entspannt und gut gelaunt, das sieht man daran, dass der Schwanz nach oben steht“, erklärt Elke Henrion lachend. Zum Gespräch gibt es Kaffee, auf dem Tisch steht ein Becher mit Milch. Büffelmilch? Henrion nickt. Ein guter Schluck landet im Kaffee, aber die Neugier ist groß. Sie schmeckt wie eine besonders leckere Kuhmilch, ohne spezifischen Eigengeschmack wie Ziegen- oder Schafsmilch.
Zucht aus Bulgarien in Italien
Die Büffel auf dem Bobalishof stammen aus Bulgarien. „An den geschwungenen Hörnern erkennt man den Einschlag von Murrahbüffeln, die in Indien traditionell zur Milchproduktion genommen werden. Allerdings haben wir den italienischen Büffel reingekreuzt, mit seinem breiten ausholenden Hörnern, wie bei Antonio, erklärt die Büffelzüchterin.
Trennungsschmerz
Im benachbarten Stall stehen die Jungkälber zusammen, eines davon ist erst wenige Tage alt. In der ersten Woche erhalten sie ausschließlich Büffelmilch aus der Flasche per Handfütterung. Henrion erklärt: „Die Kälber selber lassen wir nur einen halben Tag bei der Kuh, damit sie das stärkende Kolostrum bekommen. Viel länger lassen wir sie aber nicht zusammen, der Schmerz und der Stress bei den Tieren wächst, je länger sie zusammenbleiben.“
Milchproduktion der Büffelkuh
Zweimal am Tag, morgens und abends, werden die Kühe gemolken. Die Frage, wie viel so eine Büffelkuh durchschnittlich an Milch gibt, sei gar nicht so einfach zu beantworten, gibt die Büffel-Expertin zu bedenken. „Man rechnet den Milchertrag in der Spanne von Kalb zu Kalb, die sogenannte Laktation (Anm. d. Red. Milchleistung in der Zeit von der Geburt des Kalbes bis kurz vor der Geburt des nächsten Kalbes). Während direkt nach der Geburt die Milchproduktion einer Kuh auf dem Maximum ist, nimmt sie zum Ende hin deutlich ab. Durchschnittlich sind das bei einer Büffelkuh ungefähr 2.300 Liter pro Laktation. Im Vergleich dazu kann eine Kuh Bestleistungen von 10.000 Litern liefern. Im Vergleich zur Kuhmilch ist die Milch vom Büffel weitaus gehaltvoller an Fett und Eiweißen, Vitamin und Mineralstoffe.“
Fleisch vom Büffel
Neben der Käserei wird auch das Fleisch der Tiere verarbeitet. Elke Henrion beschreibt den Geschmack folgendermaßen: „Es ist würziger als Rind, aber nicht so intensiv wie Wild. Das Fleisch ist mager und kurzfaserig.“ Und so findet man im Sortiment neben Würstchen, Salami und Leberwurst auch Gulasch und weitere Spezialitäten vom Büffel.
Foto: Johannes S. – Lebensmittelmagazin.de
Käsetage auf dem Bobalishof
Zwei- bis dreimal pro Woche ist auf dem Bobalishof Käsetag. Dann werden rund 2.000 Liter Milch pro Woche zu 450 Kilogramm Käse verarbeitet. Dabei liegt der Fokus der Käseherstellung des Bobalishofs auf Filata-Käse. Das sind Käsesorten wie Mozzarella, Burrata, der mit Sahne gefüllt ist, Provolone, ein getrockneter Mozzarella und Scamorza, der zusätzlich noch geräuchert wird. Neben einigen Marktständen bundesweit, geht ein Großteil der Käse nach Berlin zu diversen Biomarktketten.
Ricotta aus Brandenburg
Zwischen den Käsetagen wird die gemolkene Milch im Tank bei 3 Grad runtergekühlt. Als erstes wird die Milch in einem Kessel bei 65 Grad eine halbe Stunde lang zur Pasteurisierung erhitzt. Danach wird die Milch auf 40 Grad heruntergekühlt. Anschließend werden der Milch wieder Milchsäurebakterien zugeführt. Zudem kommt mikrobielles Lab hinzu, durch das die Milch dick gelegt wird. Der dabei entstehende Milchbruch wird zerkleinert und setzt sich von der Molke ab. Jetzt werden 40 Prozent der Molke abgeschöpft und zu Ricotta weiterverarbeitet. Dazu wird die Molke auf 80 Grad erhitzt und mit Milchsäure angesäuert. Das dabei ausfallende Eiweiß wird abgeschöpft und kommt zum Abtropfen ins Körbchen.
Aus Mozzarella wird Burrata
Der Bruch selber säuert bis er einen pH-Wert von 5 erreicht. Dann wird der Bruch herausgeholt und die Bruchstücke werden zerkleinert und dabei mit 85 Grad heißem Wasser gebrüht. Durch die Hitze wird der Käse (Mozzarella-typisch) elastisch, dann in kleine Bällchen geformt und in kaltem Wasser abgeschreckt. Aber nicht alle, ein Teil des heißen Mozzarellas wird ausgewalzt und mit Sahne zu Burrata gefüllt. „Wir lassen unseren Mozzarella im Gegensatz zum traditionell Italienischen nicht so lange säuern, das ist persönliche Geschmackssache“, beschreibt Elke Henrion ihren Mozzarella. Auf dem Tisch knetet eine Mitarbeiterin einen Mozzarellarohling ähnlich wie einen Pizzateig und bringt ihn in Form. Dieser kann später nach Gusto gefüllt werden.
Büffel-Joghurt
Auch Joghurt wird auf dem Bobalishof aus der Büffelmilch gewonnen. Dafür wird die Milch erwärmt, mit den Joghurtbakterien geimpft und direkt in den fertigen Bechern solange gewärmt, bis der Joghurt stichfest ist. Die Züchterin schwärmt besonders von ihrem Mango Lassi, welches sie zusätzlich neben dem Joghurt anbietet.Elke Henrion springt tagtäglich zwischen ihren Berufen, der Käserin, den sie extra erlernt hat und der Landwirtin hin und her. Keine Spur von Sehnsucht nach der vorherigen Arbeit im Labor? „Ich bin glücklich, so meine Leidenschaft im Beruf ausleben zu können“, sagt sie.
Foto: Johannes S. – Lebensmittelmagazin.de
Artikel-Teaserbild (oben): © Eberhard Schorr