EPa Gerichte in zubereiteter Form

Hartkeks und Esbitkocher – EPa

Ob im Katastrophenfall oder im Bundeswehreinsatz, die Einpersonenpackung (EPa) garantiert die Nährstoffversorgung für einen Tag. Lebensmittelmagazin.de hat mit einem Oberstabsfeldwebel gesprochen, der für Verpflegung zuständig ist.

Auch wenn sich bereits Alexander der Große über die kriegsentscheidende Relevanz der Verpflegung seiner Truppen bewusst war, bedeutete erst die Produktion von Lebensmittelkonserven in der ersten Konservendosenfabrik in den 1870er Jahren und die ungefähr zeitgleiche Erfindung der Erbswurst, eine Wende in der militärischen Verpflegungssituation.

Büchsenfleisch und Erbswurst

Oliver Sekuli ist Oberstabsfeldwebel in der Produktentwicklung und Qualitätskontrolle beim Verpflegungsamt der Bundeswehr in Oldenburg. Er ist außerdem zuständig für die Organisation und Bestände der Einpersonenpackung, genannt EPa. Für die Beschreibung der Bedeutung und Entwicklung der EPas holt er weit aus: „Mit der Produktion von Konserven bestand zum ersten Mal die Möglichkeit einer gesicherten Lagerung von Lebensmitteln für die Truppen. Zuvor waren die Soldaten als Söldner darauf angewiesen, sich eigenständig um ihre Versorgung zu kümmern. Dies meistens in Form von Plünderung.“ In den Dosen befand sich zu diesem Zeitpunkt wohl in erster Linie Fleisch, geräuchert und dann eingemacht oder beispielsweise Schmalzaufstrich. „Es ist überliefert, dass innerhalb weniger Tage 100.000 Konservendosen produziert wurden“, erklärt Sekuli. Dazu gab es dann Grütze oder Brei aus Getreide bzw. Mehl. Das Heeresfuhrwesen lieferte diese Lebensmittel als „Eiserne Ration“ aus dem Lager in die Truppen. Diese durften dann erst auf Offiziersbefehl hin geöffnet, zubereitet und verzehrt werden.

1914 umfassten die sogenannten Getreide- und Futtermittel 30 Lebensmittel, zu denen bis zum Ende des Ersten Weltkrieges weitere 20 hinzukamen, wie beispielsweise Ölsardinen oder Salzhering. Auch gedörrtes Gemüse wurde aufgrund seiner Haltbarkeit in der Truppenverpflegung eingesetzt, beispielsweise als Suppengemüse. In derselben Zeit wurden Feldküchen implementiert, die mit den sogenannten „Gulaschkanonen“ die tägliche Fleischportion von 250 Gramm pro Soldat gewährleisten sollten.

Gulaschkanonen erfreuen sich auch heute noch auf vielen Dorffesten großer Beliebtheit.
Foto: AVD – stock.adobe.com

Im Bedarfsfall

Der Oberstabsfeldwebel führt aus: „Bis 1917 sind Soldaten an der Front auch durch mangelhafte Ernährung gestorben. Ab diesem Zeitpunkt nahmen sich die Feldärzte dem Thema an und legten Mindeststandards der Versorgung fest. Anders als die Zivilbevölkerung, für welche die 20er-Jahre mit Hunger und Unterversorgung geprägt waren, war das Militär durch seine Lagerbestände diesbezüglich stabil und gesichert. Es gab Feldschlachtereien und -bäckereien mit lange haltbarem Kommissbrot in Konservendosen. Bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges hinein bildeten auch getrocknete Hülsenfrüchte, beispielsweise als Linsen- oder Erbsensuppe, eine nahrhafte Grundlage für die Soldaten. Die Eiserne Ration für den Notfall bestand aus 300g Brot, 200g Fleischkonserve und 150g Fertiggericht, was beispielsweise eine Instantsuppe sein konnte.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Zuge des Aufbaus der Bundeswehr auch die „Einmannpackung“ neu konzipiert. Priorität hierbei hatten die Vorgaben der NATO. Auf jedem EPa findet man seitdem den Aufdruck „NATO approved“. Der Unteroffizier führt aus: „Das bedeutet, dass im internationalen Einsatz die Versorgung zwischen den verschiedenen Ländern von den Grundbedingungen her gleichen Standards folgen. Es ist also festgelegt, dass eine Einpersonenpackung Lebensmittel mit insgesamt 3.600 Kilokalorien für den Tagesbedarf gewährleistet, sowie Pulver für zwei Liter Getränke beinhaltet und mindestens eine warme Komponente. Außerdem sind die Mindeststandards der Nährstoffe, also beispielsweise Kohlenhydrate, Fett und Proteine, aber auch 18 Mikronährstoffe wie etwa Calcium, festgelegt. Die Unterschiede zwischen den internationalen EPas liegen beispielsweise bei der Menge der Fertiggerichte. In Deutschland sind das zweimal 300g Fertiggericht, während es in Skandinavien durchaus auch zweimal 450g sein können.“

Zum Durchbeißen

Es gibt einen großen Unterschied, wenn nicht sogar Vorteil deutscher EPas gegenüber denen anderer NATO-Partner: „Deutsche Einpersonenpackungen sind kaubar. Wenn Gulasch draufsteht, beißt man auch auf Fleisch. Das hat einen nicht zu unterschätzenden mentalen Vorteil gegenüber den anderen, deren Konsistenz häufig Mousse-ähnlich ist, die man quasi nur schlucken muss“, erklärt der EPa-Experte. Verursacht diese Berücksichtigung des Mundgefühls zusätzliche Kosten oder macht die Produktion aufwändiger? Sekuli verneint. Dies sei allerdings der Grund dafür, dass im internationalen Einsatz deutsche EPas sehr beliebt seien.

Während bei der Gründung der Bundeswehr 1955 in den EPa-Paketen 20 bis 25 Lebensmittel enthalten waren, sind es heute 40 bis 50 Komponenten. Schon damals gab es die Hartkekse und Klassiker wie „Grießspeise Florida“. Heute findet man neben den zwei warmen Mahlzeiten, wie Chili con Carne oder Gulasch, auch Müslis und Instant-Desserts, ähnlich einer Mousse au Chocolat. Für zwischendurch gibt es Snacks wie gefriergetrocknete Obstchips z. B. aus Banane oder Papaya, Zartbitter-Tafelschokoladen, Karamell- und Cranberry-Riegel sowie Schoko- und Vanille-Cookies für den Süßhunger. Für Sportler interessant ist das Beef Jerky, getrocknetes Rindfleisch, und Getränkepulver in den Geschmacksrichtungen Exotik, Grapefruit-Zitrone und Orange. Aufgrund ihres hohen Mineralstoffgehaltes, beispielsweise an Calcium und Kalium, sind diese hypertonisch.

Ganz ungefährlich sind die EPas nicht: Eigene Erinnerungen an den dazugehörigen Esbitkocher aus der Grundausbildung des Wehrdienstes kommen hoch – ein höchst unangenehmer Geruch und man verbrennt sich die Finger beim kleinsten unsachgemäßen Gebrauch. „Viele Bundeswehreinheiten sind bereits von sich aus auf Gaskocher umgestiegen und wir überprüfen dessen Ablösung für die Esbitkocher. Alternative Hitzequellen, wie beispielsweise Magnesium, können nicht verwendet werden, weil sie für den Flugverkehr nicht zugelassen sind. Dabei gilt das EPa bereits selbst als Gefahrgut, weil Streichhölzer enthalten sind“, erklärt der Experte.

Soldaten an der Essensausgabe
Die Rekruten des 5. Panzergrenadierbataillon 371 üben auf dem Truppenübungsplatz in Frankenberg Aufgaben, die im Rahmen einer internationalen Unterstützungsmission anfallen. In der Pause wird sich im „Camp“ gestärkt.
Foto: Bundeswehr

Sicher ist sicher

Dabei kommen EPas laut Sekuli nicht nur an der Front oder im Katastrophenfall zum Einsatz: „Zu Beginn eines Einsatzes dienen EPas zum kurzfristigen Überbrücken der Versorgung bis eine stabile Lieferkette aufgebaut ist. Das kann dann die kompakte Notration sein, die das Überleben von 24 Stunden sichert. Im ABC-Fall, also beim Einsatz von atomaren, biologischen oder chemischen Kampfstoffen, bei denen konsequent die ABC-Schutzmaske getragen werden muss, ist das eine Nährlösung, die durch die ABC-Schutzmaske via Schlauch eingenommen wird. Andererseits haben wir auch die Truppenverpflegung, das ist dann eine Paketeinheit mit Fertiggerichten für 20 Kameradinnen und Kameraden.“ In diesem Zusammenhang fällt ihm noch ein wichtiger Aspekt ein: „Im Zweifelsfall garantieren diese Pakete gesundheitliche Sicherheit im Einsatz. Ich hätte nicht unbedingt ein Ei in Afghanistan essen mögen, dessen Legedatum unbekannt ist. Sicherheit ist übrigens schon hier in Deutschland ein wichtiger Punkt. Die EPas werden für die Bundeswehr unter besonderen Sicherheitsstandards hergestellt und darüber hinaus in heereseigenen Laboren untersucht.“

Ungefähr eine Million Pakete werden pro Jahr hergestellt, Tendenz steigend. „Angesichts der drohenden politischen Weltlage, aber auch in Bezug auf Naturkatastrophen, gehen wir von einem wachsenden Bedarf aus“, erklärt der Oberstabsfeldwebel. So gibt es bei den Bundeswehrbeständen auch Chargen für die Zivilbevölkerung, wie sie beispielsweise bei der Flut im Ahrtal 2021 eingesetzt wurden. Dies erfolgt im Auftrag der Länder, die sich dann an die Bundeswehr wenden müssen.

Bis in alle Ewigkeit?

Obwohl EPas legendär sind und Jahrzehnte zu überdauern, haben sie wie jedes andere verpackte Lebensmittel ein Mindesthaltbarkeitsdatum. „Einpersonenpackungen sind darauf ausgelegt, ungekühlt bis zu drei Jahre haltbar zu sein. Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut arbeiten wir an der optimalen Verpackung, wie der drei Komponentenschichtfolie. Allerdings haben wir in Sensoriktestreihen festgestellt, dass einzelne Lebensmittel mit längerer Lagerung tatsächlich besser schmecken“, erklärt Sekuli.

Ein interessantes Detail fällt übrigens auf, wenn man sich die EPas aus vergangenen Jahrzehnten anschaut, auf denen noch Einmannpackung steht. Auch die Bundeswehr ändert als moderner Arbeitgeber ihr Wording zur Stärkung der Diversität, aus Einmann- wurde Einpersonenpackung.

Apropos divers, inwiefern berücksichtigt die EPa koschere bzw. Halal-Essensvorschriften, ganz zu schweigen von Veganismus, das juristisch als Weltanschauung gilt? Sekuli weiß dazu: „Aktuell arbeiten bei der Bundeswehr 300 Muslime. Für sie gibt es garantiert schweinefleischfreie EPas, allerdings sind wir in Verhandlungen mit Produzenten im Libanon, die zum Ende des Jahres Halal-EPas produzieren sollen. Vegane EPas sind so erstmal nicht vorgesehen, aber wir stellen fest, dass die Nachfrage nach vegetarischen Einpersonenpackungen höher ist, als aktuell produziert wird.“

Packanlage der EPas
Foto: Bundeswehr

Hobbysurvival

EPas finden nicht nur Einsatz bei der Bundeswehr, sondern erfreuen sich auch höchster Beliebtheit im Freizeitbereich, besonders bei Anhänger:innen des Prepperkults, also diejenigen, die sich über ein paar Suppendosen hinaus mit haltbaren Lebensmitteln, Hygieneartikeln und vielem mehr auf etwaige Katastrophen vorbereiten. Der Oberstabsfeldwebel stöhnt leise: „Momentan stehen bei uns wieder die Telefone nach einem TV-Beitrag zu abgelaufenen EPas nicht mehr still. Abgelaufene EPas müssen wie andere abgepackte Lebensmittel nach dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums entsorgt werden. Wenn wir in unserem Warenwirtschaftssystem feststellen, dass eine bestimmte Menge demnächst abläuft, schauen wir, dass sie vorher noch in der Truppe verbraucht wird. Eine Nullrechnung kriegen wir natürlich nicht immer hin.“

Etwas belustigt über die Angebote im Internet meint er: „Wer meint, 40 Euro für abgelaufene EPas bezahlen zu müssen, soll dies tun. Woher diese allerdings stammen, kann ich nicht nachvollziehen.“

Beitragsbild (oben): Bundeswehr

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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