Grüne Woche – In alter Frische

Am 29. Januar endet die Grüne Woche. Lebensmittelmagazin.de ist durch die Hallen gezogen, hat sich durchgesnackt und das eine oder andere Gespräch geführt – ein Resümee.

Internationale Grüne Woche (IGW), das bedeutet Trubel: Schulklassen, Rentner, Trachtengruppen aus allen Ecken des Landes zwischen Messeständen regionaler Anbieter, internationaler Spezialitäten, Innovationen, Präsentationen der vielen Verbände und Aufklärungskampagnen von NGOs und staatlichen Einrichtungen.

Wenn viele kleine Leute, viele kleine Dinge tun

Eine der Touren, die auf der Website der IGW empfohlen wird, ist die „Grünerleben“-Tour, die auch durch die Halle 3.2 führt. Diese ist nicht nur Heimstatt von „Wie schmeckt die Zukunft?“ des Lebensmittelverbands Deutschland und der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie, sondern auch des sogenannten Erlebnisbauernhofs mit vielen kleinen und großen Organisationen, die im Rahmen von Projekten Kernpunkte des öffentlichen Diskurses weiterbringen und verändern wollen.

Grüne Woche 2023: Der Gemeinschaftsstand des Lebensmittelverbands Deutschland und der BVE zum Thema „Wie schmeckt die Zukunft?“
Foto: Tobias Rücker

Acker Racker zum Beispiel ist ein Verein, der sich als Ziel gesetzt hat, Kindern und Jugendlichen Gemüse nahezubringen. Mit unterschiedlichen Programmen für alle Altersstufen bieten sie beispielsweise Hochbeete an, auch innerhalb des Klassenzimmers, um den Kindern die Hintergründe der Pflanzenökologie zu erläutern. Somit soll eine direkte Beziehung zum Gemüse, das vorher vielleicht eher ungeliebt auf dem Teller lag, aufgebaut werden. Mit Erfolg – nach den Rückmeldungen scheint für Acker Racker die Bereitschaft für Gemüse bei den Kindern zu wachsen, immerhin wissen sie dann, wie viel Arbeit und Zuwendung in den Pflanzen steckt, die sie am Schluss ernten können.

Ähnlich aufschlussreich war der Stand von Beehome direkt neben der Blumenhalle, die Nistmöglichkeiten für Mauerbienen in Privathaushalten anbieten. Wildbienen wie diese sind gemeint, wenn es um die Bedrohung der Biene geht, zudem spielen sie eine essentielle Rolle im Obst- und Gemüseanbau bei der Bestäubung. Als Alternative zum mobilen Imker mit seinen Bienenstämmen bietet das Unternehmen auch professionelle Möglichkeiten, die Mauerbiene anzusiedeln.

Ein klein wenig Hoffnung ließ Nestlé beim großen Thema Klimawandel schöpfen. Sie präsentieren recht anschaulich ihre Idee einer Klimafarm und daraus resultierend ihre CO2 neutralen Pizzen. Die angebotene Minipizza ist mit Mozzarella belegt, welcher von einem nordhessischen Milchhof stammt. Dieser setzt folgende Maßnahmen um: Methan-reduzierende Futtermischung, Herdenmanagement mit Fokus auf dem CO2-Äquivalent (Milchkühe mit längerer Lebensspanne, da Kälber in den ersten zwei Jahren keine Milch geben, aber emittieren), Trennung von Dung und Urin, um die Ammoniak-Synthese zu vermeiden, welche den Tieren schadet und außerdem daran gekoppelt eine Biogasanlage zur Energiegewinnung. Nach dem Sommer soll eine erste Zwischenbilanz mit Auswertung gezogen werden, man darf gespannt sein. Im Idealfall sollen die Rückschlüsse daraus auch grundsätzlich in der Viehzucht umgesetzt werden können.

Grüne Woche 2023: Der Stand von Nestlé mit der ersten „Klima-Milchfarm“ Deutschlands.
Foto: Tobias Rücker

Lieber ein kleines Etwas, als ein großes Garnichts

Bei Themen wie dem Klimawandel demonstrierten Wirtschaftsunternehmen vom kleinen Start-up bis zum etablierten Großunternehmen oftmals positiv stimmenden Innovationsgeist. Hervorzuheben ist das Projekt „Respeggt“: Mit Hilfe eines patentierten SELEGGT-Verfahrens kann der Schlupf männlicher Küken verhindert und somit deren Schredderung vorgebeugt werden. Das Verfahren basiert auf einer endokrinologischen Geschlechtsbestimmung im Brutei, bei der durch eine Hormonanalyse ermittelt wird, ob es sich um ein männliches oder weibliches Brutei handelt.

Wenn der Druck reicht

Auch zum Thema „Lebensmittelverschwendung“ findet man einige Informationsangebote beispielsweise vom Re-Use-Superstore einem großen Flohmarkt mit Bastelworkshop-Angebot.

Sinnvoll und handfest ist auch ein kleiner Stand des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. In einer Vitrine wurde exemplarisch ein Notvorrat für zehn Tage ausgestellt. Was als Liste beim Lesen erschlägt, schaut in der Realität durchaus praktikabel aus. Die beiden Damen des Standes standen fachkundig Rede und Antwort. Wichtigste mitgenommene Information: Im Falle eines Blackouts und Ausfall der Wasserpumpe reicht der städtische Wasserdruck durchschnittlich bis in die vierte Etage, vielleicht ein wichtiger Aspekt bei der nächsten Wohnungssuche.

Köstlich, köstlich!

Gott sei Dank ist die Grüne Woche ja in erster Linie keine Informationsveranstaltung, sondern ein Karneval der nationalen und internationalen kulinarischen Genüsse. Kleine Brandteiggoldfische mit Puddingfüllung, Milchschnee mit Vanillegeschmack und Erdbeersoße repräsentierten beispielsweise Korea von seiner süßen Seite.

Weitaus gesünder präsentierte das Projekt „Algenwerk“ aus Dresden die Mikroalge Spirulina in seiner puren Form als leuchtend grünen Schlick, mit oder ohne Vanillearoma. Diesen würde man vielleicht nicht wie einen Erdbeerjoghurt weglöffeln, aber als gesunden Kick im Smoothie oder als Topping – warum nicht?

Von der polnischen-weißrussischen Grenze kommt der Energy Drink Queria. Der Name verrät, dass seine Grundlage Eiche ist bzw. dessen Früchte, die Eicheln. Als traditionelles Getränk wird hieraus ein Muckefuck gebraut, den wohl schon der schwächliche Frederic Chopin zur Stärkung genossen hat. Jetzt gibt es diesen als Energy Drink auch mit Geschmacksrichtungen wie Lavendel, Minze und Ingwer.

Bei einem Löffel wildem Honig am georgischen Stand konnte man der aufregenden Geschichte des jungen Mannes lauschen, wie er die gebirgige Region seines Landes und seine Vegetation beschrieb und den Honig wie beim Survivalsport erntete.

Die Schweizer wiederum bekräftigen in ihrer Halle die Völkerfreundschaft mit kulinarischen Kreationen wie dem Döner Cheebab, Berliner Nationalgericht trifft alpine Aromen, köstlich!

Artikel-Teaserbild (oben): Messe Berlin GmbH

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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