Apulien ist die Region am italienische Stiefelabsatz und Heimat kulinarischer Köstlichkeiten wie Burrata. Lebensmittelmagazin.de war vor Ort.
Der junge Apulier von der „Salumeria Italiana“ in der Kreuzberger Markthalle IX muss nicht lange zögern, um eine Käserei für Burrata in seiner alten Heimat zu empfehlen. Er rät zur Caseificio Pioggia in Martina Franca, mitten im Valle d’Itria. Das ist eine hübsche Hügelgegend mit alten Olivenhainen und den für Apulien charakteristischen Trullis – kleine, weiße runde Häuschen, die an „Schlumpfhausen“ erinnern.
Käse ohne Ende
Bereits beim Eintritt in die Käserei sieht man: Die Auslage unterscheidet sich fundamental von heimischen Pendants. Statt Emmentaler, Camembert und Tilsiter findet man hier eine große Auswahl an in Lake schwimmenden Mozzarellas, Scamorzas und einen Regenbogen an unterschiedlichen Caciocavallos. Und, ja richtig, neben den Mozzarellas findet man auch Burrata in unterschiedlichen Größen. Außerdem lädt eine große Schüssel Stracciatella, Rahm mit Mozzarellastückchen, gedanklich dazu ein, mit einem knusprigen Ciabatta reinzutunken. Die Käseauswahl entstammt fast komplett der eigenen Produktion, die nur eine Tür weiter ihre Werkstätte hat. Auf der Glastheke stehen Auszeichnungen für ihre Käsespezialitäten, wie der International Cheese Award und der ebenfalls internationale Award Alma Caseus. Wie beim Juwelier stehen die Käse im Schaufenster des gläsernen Reiferaums.
Kuh statt Büffel
Nach der freundlichen Begrüßung führt Exportmanagerin Chiara aus dem Geschäft heraus um die Hausecke zur Manufaktur. Vor der Tür steht ein kleiner Milchtankwagen, der das erste Mal morgens um sieben die Kuhmilch der umliegenden Bauernhöfe im Umkreis von fünfzig Kilometern einfährt. Das Ganze macht er zweimal am Tag. Nanu, keine Büffelmilch? Chiara klärt auf: „Burrata besteht traditionell aus Kuhmilch. Büffelmozzarella ist eher eine Spezialität aus Kalabrien oder Umbrien.“
Alle Hände voll zu tun
Wasserdampf wabert durch die Räume der Manufaktur. Über den Köpfen hängt der Milchtank, in dem die Milch des Vortages auf ihre Verarbeitung wartet. Im Hintergrund liegt Cagliata, frischer Käsebruch, für einige Stunden zum Entwässern auf einem Rolltisch. „Wesentliches Merkmal für Mozzarella aus Handarbeit ist der Einsatz von Siero innesto naturale, Molkekulturen aus der vorhergehenden Produktion. Diese Säuerung kann vier bis fünf, manchmal auch sechs Stunden dauern. In der Industrie und bei den meisten Käsereien wird stattdessen meistens Zitronensäure verwendet um die Milch dickzulegen“, erklärt Chiara.
In der Mitte stehen sieben Männer um einen Tisch mit Wannen voll Käsebruch und heißem Wasser. Ihre Hände sind rosarot gekocht vom Rühren, Kneten und Formen der Caciocavallos, ein Filatakäse, zu dem auch Mozzarella gehört, der im Gegensatz zu diesem aber bei wesentlich niedrigeren Temperaturen behandelt wird. Zunächst wird der Milchbruch grob gehackt und dann in heißem Wasser mit einem Paddel gerührt. Dadurch ändert der Käse seine Struktur, aus den bröckeligen Stückchen wird ein geschmeidiger, elastischer Teig. Mit bloßen Händen greifen die Männer die Käsemassen, ziehen sie lang, zwirbeln sie, um die Molke heraus zu pressen. Dann formen sie aus den Käsesträngen große Birnen, und tunken den Abschluss zur Versiegelung noch einmal ins heiße Wasser. Im Gegensatz zum Mozzarella reift der Caciocavallo über Monate hinweg. Mozzarella wird jeden Tag frisch hergestellt, er hält sich nur bis zu fünf Tage.
Jeden Morgen um 4.30 Uhr beginnt der Arbeitstag. Zunächst formen sie kleine Mozzarellaknötchen, sogenannte Knottis. Dann werden sie peu à peu größer. Für Burrata formen die Käser Säckchen, die sie mit dem aus derselben Milch gewonnenen Rahm füllen und charakteristisch am Ende verknoten. Auch die handgemachten Burrata halten sich nur sehr begrenzt und sollten am besten direkt am selben Tag verzehrt werden. Wie kann es aber sein, dass man auch in Berlin apulische Burrata genießen kann? „In der Fabrik hat man noch andere Möglichkeiten die Burrata und Mozzarella zu konservieren. Wir können lediglich unsere Hartkäse wie Caciocavallo verschicken.“
Foto: Johannes S. – Lebensmittelmagazin.de
Burrata, lecker cremig
Wie schmecken Burrata am besten? Die Exportmanagerin lacht: „Wie die meisten italienischen Produkte schmecken sie bereits pur so wie sie sind hervorragend. Aber auch eine Pizza auf der man zuletzt einen Burrata aufschneidet, ist ein Hochgenuss. Im Sommer ist der Geschmack aufgrund der Milchqualität noch besser.“
Foto: Johannes S. – Lebensmittelmagazin.de
Am Abend serviert der Koch im Restaurant der Masseria, ein auf Hotellerie spezialisiertes, traditionelles Gehöft, Burrata als Secondo Piatta, zweiten Gang: Burrata auf Rucola, mit einer Tomaten-Mozzarella-Garnitur und ein paar Croûtons. Auf dem Tisch stehen Balsamico, Olivenöl, Salzflocken und frischer Pfeffer – alles bleibt unangerührt. Nach dem Schnitt offenbart sich das Innenleben. Der Croûton wird einmal eingetunkt und verschwindet dann im Mund: Der Geschmack ist frischsäuerlich und herrlich cremig, köstlich!
Artikel-Teaserbild (oben): Johannes S. – lebensmittelmagazin.de