Eine große deutsche Tageszeitung deklarierte jüngst Zimtschnecken 2.0 zum Trendfood, denn die skandinavische Köstlichkeit wird jetzt „getoppt“. Lebensmittelmagazin.de besucht „Die Zimtschnecke“ in Berlin-Kreuzberg.
Eno streut Krümel eines bekannten runden Schokoladenkekses über das Frischkäsetopping der Zimtschnecken. Seiner Frau Ezgi, seiner Schwester Gülo und ihm gehört das Café „Die Zimtschnecke“ mitten in Kreuzberg. Die Filiale hier haben sie erst im März dieses Jahres eröffnet. Das ursprüngliche Café befindet sich nach wie vor in Neukölln. „Lustigerweise hatten wir zuerst den Namen Zimtschnecke, bevor wir uns tatsächlich auch auf dieses Gebäck spezialisiert haben“, bekennt der ursprüngliche Wirtschaftsingenieur.
Goldener Schnitt, so lecker
Dabei liegt die Zimtschnecke als „Signature-Gebäck“ nah, wenn man bedenkt, dass Ezgi Architektin ist: Die Schneckenform ist eng mit dem Goldenen Schnitt verbunden. Der Goldene Schnitt ist ein mathematisches Verhältnis, das ungefähr 1: 1,618 beträgt. Die Schneckenform entspricht einer logarithmischen Spirale, bei der jede Umdrehung um den Ursprung im Verhältnis des Goldenen Schnitts zur vorherigen Umdrehung wächst. Die Verbindung zwischen der Schneckenform und dem Goldenen Schnitt wird oft als ästhetisch ansprechend empfunden und in Kunst, Design und Architektur genutzt, um harmonische Proportionen zu erzeugen.
Auch wenn Hefeschnecken nicht nur im nördlichen Europa, sondern auch in mannigfaltigen Variationen hier in Mitteleuropa beheimatet sind, so verbindet man speziell die Zimtschnecken mit Skandinavien. Ob bei der schwedischen „Fika“, der zelebrierten Kaffeepause, oder mit dem Dänischen „Hygge“, dem häuslichen Wohlbefinden – zu beidem passt der Duft von frisch gebackenem Hefegebäck mit Zimt hervorragend. Auch in Deutschland findet man nicht zuletzt beim bekannten schwedischen Möbelhersteller die fertigen „Kanelbullar“. Mit den Zimtschnecken 2.0 haben sie aber nur wenig gemein.
Etwas für jeden Geschmack
Im Café „Die Zimtschnecke“ findet man beispielsweise die „naked“ vegane Zimtschnecke, die Banane statt Ei enthält, und das Pendant mit Zuckerguss. Außerdem noch überbordende Kreationen, die nach Pistazien, Zitronen, Vanille, Schokokeks, Blaubeer und weiße Schokolade, Schokoriegel, Karamellkeks sowie Himbeere schmecken. „Demnächst kommt noch Erdbeere dazu. Am besten läuft Pistazie. Man kann bei uns aber auch herzhafte Schnecken bestellen, die sind aber dann mit Pesto“, meint Ezgi. Welche Motivation gibt es, die zuckrig-buttrigen, duftenden Köstlichkeiten um ein Topping zu bereichern? Eno grinst: „So werden sie mehr instagrammable. Auch das Café selber wurde von meiner Frau so eingerichtet.“ In der Tat, das Café ist groß, clean und chic, daher perfekt für Selfies und Co geeignet.
So wird’s gemacht
In der Auslage fehlen noch die Zitronen-Zimtschnecken. Sorgsam presst Eno den Saft einer halben Zitrone zwischen die einzelnen Lagen der fertig gebackenen Zimtschnecken. In die Frischkäsecreme raspelt er Zitronenzesten, bevor er diese üppig on top verteilt. Ein Stückchen Zitronenscheibe obendrauf – fertig! Neben der Arbeitsfläche steht eine Rührmaschine, in der eine halbe Stunde lang sechs Kilogramm Hefeteig für morgen vor sich hin kneten. Die Oberfläche glänzt wegen des guten Pfunds Butter darin. Nachdem die Zeit abgelaufen ist, teilt Eno den Teig in sechs Stücke, ungefähr je ein Kilogramm. Diese werden nochmal per Hand geknetet und gefaltet und dürfen dann unter einem roten Tuch für eine weitere halbe Stunde gehen.
Anschließend wird der Teig ungefähr einen halben Zentimeter dick ausgerollt, händisch mit einer Butter-Zimt-Zucker-Mischung bestrichen und aufgerollt. Mit Augen- bzw. Fingermaß in der Breite von vier Fingern wird die Rolle zurechtgeschnitten. Genaue Maße und Mengen? „Das wird einmal nach Maß und Menge gemacht und dann klappt das mit Augenmaß, wie in jeder türkischen Küche“, antwortet die Architektin Ezgi zwinkernd. Auf dem schmalen Backblech werden die einzelnen Zimtrollen in Reih und Glied aufgestellt und wandern danach in die Kühlung. Am nächsten Tag werden sie rechtzeitig herausgeholt, damit sie noch ein bisschen gehen können, bevor sie gebacken werden. Eno gibt zu bedenken: „Wenn sich die Tagesration der Zimtschnecken vorzeitig dem Ende nähert, backen wir auch davon schon nach, aber nur bis zu einer gewissen Uhrzeit. Uns ist es aus Gründen der Nachhaltigkeit wichtiger, abends keine übrig gebliebenen Zimtschnecken entsorgen zu müssen, dann finden unsere Kunden eben zur vorgerückten Stunde nicht mehr alle Sorten. Wir arbeiten dafür auch mit Too Good To Go zusammen, denn wegwerfen ist für uns keine Option.“
Fotos: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de
Artikel-Teaserbild (oben): Johannes S. – lebensmittelmagazin.de