Mit mannigfaltigen Zubereitungen und Rezepten feierte das Pistachio Street Food Festival am vergangenen Wochenende in Berlin die Steinfrucht mit dem charakteristischen Grünton. Lebensmittelmagazin.de knackt die Nuss, die keine ist.
Pistazien sind mehr als nur ein salziger Snack vorm Fernseher, an dessen harter Schale gelegentlich die Fingernägel beim Öffnen splittern. Das bewiesen 21 Gastronomien, Feinkostläden und Patisserien, mit ihren Foodtrucks und Ständen im Gleisdreieckpark unweit des Potsdamer Platzes auf dem dritten Pistachio Street Food Festival. Organisiert wurde das Event von der Agentur True Italian, die sich auf italienische Lebensmittel spezialisiert hat.
Biblischer Genuss
Schon in der Bibel wurde die Pistazie geschätzt. „Nehmt von den besten Erzeugnissen des Landes in eurem Gepäck mit und überbringt es dem Mann als Geschenk: etwas Mastix, etwas Honig, Tragakant und Ladanum, Pistazien und Mandeln.“ (Genesis, 43:11). Es heißt, es sei die Lieblingsspeise der Königin von Saba (heute Jemen) gewesen, die sie zum royalen Genuss erhob. Das weißt schon darauf hin, dass die Pistazie zu den ältesten Kulturpflanzen des Vorderen und Mittleren Orients gehört. Besonders im Königreich Persien war der Anbau und Handel mit Pistazien einhergehend mit Wohlstand und Reichtum. Alexander der Große soll sie dann im östlichen Mittelmeerraum verbreitet haben. Die italienische Popularität lässt sich zum einen auf den venezianischen Handel mit der Levante zurückführen, zum anderen hat spätestens die Besiedlung der Araber Siziliens im 9. Jahrhundert den Pistazienbaum auf der italienischen Insel etabliert.
Mortadella, Stracciatella & Pistazie
Das neapolitanische Restaurant Partenope aus Berlin-Friedrichshain servierte beispielsweise Pizza „La Gialla“, belegt mit gelben Tomaten, Provolone, Pistazien-Ricotta sowie Pistazienstreusel on top. Die Pizza wurde für den Extracrunch nicht einfach gebacken, sondern zusätzlich vorab gedämpft und frittiert.
Am Nachbarstand von Cargo Gastronomia gab es apulische Pucce (Brote). Diese waren belegt mit einer Kombination aus Mortadella, Stracciatella und Pistazie oder als vegetarische Alternative mit gegrillter und marinierter Aubergine – sehr lecker! Übrigens, mit Stracciatella war hier nicht das Milchspeiseeis mit Schokostückchen gemeint, sondern das cremige Innenleben von Burrata.
Bei MedEATerranean TRIP gab es hervorragende Pistazien-Gnocchi zu kosten. Die danebenliegende Pistazien-Focaccia, eher von schlichter Anmutung, entpuppe sich als Aromawunder. Im Teig wurde Pistazienöl verarbeitet und mit gerösteten Pistazienkernen dekoriert, zusammen ergab das einen tollen, vollmundigen Pistaziengeschmack.
Süßes vom Ätna
Pistazien können nicht nur herzhaft schmecken, das bewies das Feinkostgeschäft Mangiafino mit seiner süße Pistaziencreme. Ähnlich köstlich waren die mit Pistazien-Ricotta-Creme gefüllten Cannoli von Gaia, frittierte Teigröllchen, ähnlich wie Mutzen oder Scherben. Was natürlich nicht fehlen durfte, war das köstliche Pistazieneis, das vom traditionellen italienischen Eiscremehersteller Babbi in vier unterschiedlichen Varianten dargereicht wurde.
Foto: Johannes S. – Lebensmittelmagazin.de
Lecker cremiges Pistazieneis gab es auch bei Antonio Tomasello, dem Inhaber der Eisdiele Duo Sicilian Ice Cream in Berlin-Kreuzberg. Nicht nur wegen seines köstlichen Pistazieneis ist er Fachmann, er stammt darüber hinaus aus Bronte. An fast allen Ständen, die auf die Herkunft ihrer Pistazien angesprochen wurden, fiel der Name dieser kleinen sizilianischen Ortschaft. Tatsächlich sind die dortigen Pistazien mit einem Denominazione d’Origine Protetta geschützt, dem italienischen Pendant zur geschützten geografischen Angabe. „Sie sind deutlich größer und haben einen violetten Stich. Die Bäume werden auf dem Lavagestein ungefähr drei Meter hoch. Die Ernte findet alle zwei Jahre statt zur Regeneration und Stärkung der Pflanzen gegen Parasiten“, erklärt der Sizilianer. Der 20.000-Seelen-Ort liegt 1.300 m über dem Meeresspiegel im Gebirge unweit des Vulkans Ätna. „Seit Ewigkeiten leben wir mit dem Vulkan zusammen und feiern sogar Feste bei Ausbrüchen. Auch die Ernte der Pistazien wird gefeiert und zwar mit einem großen Fest in der ersten Oktoberwoche“, berichtet Tomasello. Zur Pistazienernte müssen alle ran, Alt und Jung, denn in dem unwegsamen Vulkangebirge werden die Pistazien von Hand gepflückt. „Als Kinder mussten wir die herabgefallenen Pistazien vom Lavagestein absammeln, das war ausgesprochen anstrengend und in dieser Zeit war auch die Schule geschlossen“, erinnert er sich. Auch vor den Pistazien macht der Klimawandel nicht halt, aber es ist nicht die Trockenheit, die das Hauptproblem darstellt: „Gerade sind heftige Regenfälle auf Sizilien. Wenn die Pistazien nass werden, bedroht Schimmel die Ernte“, gibt der Eisdielenbesitzer zu bedenken.
Foto: Johannes S. – Lebensmittelmagazin.de
Über italienische Grenzen hinweg
Das sowohl Pistazien als auch das Pistachio Street Food Festival keine rein italienische Angelegenheit sind, bewiesen beispielsweise der Stand von Midye 47, einem türkischen Restaurant, das auf Seafood spezialisiert ist und mit Pistazienreis gefüllte Muscheln anbot. An den persischen Ursprung der Pistazie verwies der Stand von Tehran 021 mit seinem „Juwelenreis“, eine kunterbunte Spezialität, die neben Pistazien mit Berberitzen und Mandeln dekoriert war. Ob Pistazien tatsächlich in der koreanischen Küche Einzug finden, ist fraglich, aber als Crumble auf dem Fried Chicken von Guten Dag oder als Creme im Gemüseküchlein machten sie zumindest auf dem Festival einen guten Eindruck.
Foto: Johannes S. – Lebensmittelmagazin.de
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