Ob To-go, Take-away oder Essen vom Lieferservice – Genuss hinterlässt oftmals einen Abfallberg. Gegen diesen wendet sich seit Anfang des Jahres ein als „Mehrwegangebotspflicht“ bezeichnetes Gesetz. Lebensmittelmagazin.de hat sich mit dem Anbieter der marktführenden Mehrweglösung in der Gastronomie, Recup, unterhalten.
Neben Cookiegläsern, Trinkgeldschalen und Tortenplatten stehen in diversen Cafés schon seit geraumer Zeit Mehrwegbecher der Firma Recup in mint und graubraun. Die meisten Besucherinnen und Besucher wissen, dass es sich um Pfandbecher handelt, die man für einen Euro extra erwerben und später wieder zurückbringen kann, anstatt sie im nächsten Mülleimer zu entsorgen.
Zu jedem Becher sein Deckel
Den passenden To-go-Becherdeckel musste man bis vor einem Jahr aus hygienischen Gründen dazu kaufen, denn die klassische Form lässt sich nur unzureichend einwandfrei reinigen. „Seit einem Jahr kann man nun aber auch den Deckel mit reinigungsoptimierter Form für einen Euro Pfand dazu bekommen und entsprechend auch wieder abgeben“, erklärt Simona Dunsche, Pressesprecherin bei Recup. Zu den unterschiedlichen Farben führt sie aus: „0,2- und 0,4-Becher sind in mint gehalten, während der 0,3 Becher sinnigerweise die Farbe Cappuccino trägt. 0,5-Becher, in denen beispielsweise Cocktails to go ausgegeben werden, sind transparent frosted.“
Seit 2016 bietet das inzwischen über 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassende Unternehmen seine Becher im Kreislaufsystem in Cafés, Restaurants, Supermärkten und sonstigen gastronomischen Take-away-Einrichtungen an. Insgesamt sind es über 21.000 Stellen, alleine 6.000 neu hinzugekommen seit Anfang des Jahres 2023.
Politischer Rückenwind
Den zusätzlichen Rückenwind dürfte Recup auch die seit Anfang des Jahres wirksame Mehrwegangebotspflicht gegeben haben, welche die gastronomischen Betriebe dazu verpflichtet, neben Einwegverpackungen auch Mehrwegoptionen anzubieten. Dafür hat das Unternehmen Recup gemeinsam mit der Firma Crafting Future aus Hannover zusätzlich neben den Bechern noch Rebowls entwickelt, also Mehrwegschalen für Take-away-Gerichte. Allerdings räumt Simona Dunsche ein: „Die Mehrwegangebotspflicht gilt nur für gastronomische Einrichtungen ab 80 Quadratmetern und fünf Mitarbeitenden und bezieht sich nur auf Kunststoff. Das bedeutet, dass die Pflicht entfällt, sofern das Essen in alternativen Verpackungen etwa aus Papier oder Aluminium ausgegeben werden kann. Laut Umwelthilfe fallen jährlich 13 Milliarden Einwegverpackungen an, das entspricht 190.000 Tonnen Abfall, was – wenn man sich bewusstmacht, wie leicht die meisten Einwegverpackungen sind – eine wahnsinnig hohe Zahl ist.“
Neben rund einem Dutzend von Mitbewerbern konnte sich Recup als Marktführer etablieren. „Darüber hinaus bieten allerdings diverse Gastronomie-Anbieter noch zusätzliche sogenannte Insellösungen an, prominentes Beispiel ist McDonald’s mit einem eigenen Mehrwegsystem, während Burger King mit uns zusammenarbeitet,“ erläutert Dunsche.
Nicht ganz sauber
Dabei ist die Effizienz, abgesehen vom Rohstoffverbrauch, bei der CO2-Bilanz gar nicht so offensichtlich, wie man denken mag: Berechnungen haben ergeben, dass Mehrwegbecher ungefähr zehn bis 25 Mal benutzt werden müssen, um besser als die Einwegoption zu sein. „Das hängt beispielsweise davon ab, wie umweltfreundlich die Spülmaschine ist, ob mit Ökostrom gereinigt wurde und ähnliche Faktoren“, meint die Pressesprecherin. Geradezu fatal in dem Zusammenhang ist es, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher selber den Becher vor der Abgabe in der Spülmaschine reinigen. „Die Hygieneverantwortung liegt bei der Gastronomin oder dem Gastronomen, die somit zuständig für die Reinigung der Becher sind. Die Verbraucherinnen und Verbraucher selber sollten Becher und Schüsseln lediglich von Lebensmittelresten befreien und höchstens mit heißem Wasser ausspülen“, erklärt Simona Dunsche. Außerdem merkt sie an: „Eigentlich sollte es nicht noch extra erwähnt werden müssen, aber es ist auch nicht sinnvoll, Becher und Schüsseln zu Hause zu sammeln, sondern schnellstmöglich wieder abzugeben, damit sie bald wieder genutzt werden und in den Kreislauf zurückkommen.“ Laut Ergebnissen einer Studie der TU Berlin, werden 82 Prozent innerhalb von zwei Wochen zurückgegeben und bleiben selten länger als ein paar Monate im Privathaushalt.
Die Becher könnten theoretisch tausendmal gebraucht werden und die Bowls immerhin 500 Mal. Hier kommt der höhere Verschleiß durch den Gebrauch von Besteck dazu. Mit der Kunststofffirma Crafting Future arbeitet das Unternehmen inzwischen daran, dass aus den aussortierten Bechern und Schüsseln wieder neue entstehen können, also auch hier Re- statt Downcycling.
Länderübergreifend
Simona Dunsche freut sich, denn das seit einem Jahr in Deutschland geltende Gesetz soll mittel bis langfristig europaweit ausgeweitet werden. „Auch wenn Deutschland beim Recycling ganz weit vorne ist, sollte man sehen, dass Irland sich als erstes Land weltweit das ehrgeizige Ziel gesteckt hat, Einweg-Becher ganz abzuschaffen und in Frankreich ist es beispielsweise bei Burger King so, dass beim Verzehr vor Ort grundsätzlich auf Mehrweggeschirr ausgegeben wird“, meint sie.
Seit fast einem Jahr gibt es die Mehrwegangebotspflicht, Zeit für erste Bilanzen. Die Technische Universität Berlin hat im Rahmen der PuR-Studie in einer repräsentativen Befragung von 2.000 Teilnehmern die Hoffnungen und Erwartungen ein wenig gedämpft. Zwar kam dabei heraus, dass fast 80 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher für selbst zubereitete Mahlzeiten mehrfach die Woche eigene Mehrwegbehälter verwenden, Pfandmehrwegbehälter aber nur von 54 Prozent der Befragten gelegentlich genutzt werden, zu gründlich gereinigt und zu allem Überfluss auch noch zu Hause gelagert werden. Gründe hierfür sieht die Studie in erster Linie im Mangel an Informationen, beispielsweise, wo man diese Becher erhalten bzw. dann auch wieder abgeben kann. Und oft sei es so, dass das Lieblingscafé dieses Angebot gar nicht parat hält. Es gäbe diesbezüglich auch Hemmungen, sich Speisen und Getränke in eigene Becher und Behälter füllen zu lassen, auch wenn das neue Gesetz eben dies vorsieht, unabhängig von der Lokalgröße. Auch der Umstand, den Becher mit sich führen zu müssen, statt schnell zu entsorgen, sorgt für Zurückhaltung. „Dabei ist es möglich und sollte kein Hemmnis sein, den Becher schnellstmöglich im nächsten Lokal wieder abzugeben. An Optionen dieses zu kennzeichnen soll es nicht scheitern, für die Gastronominnen und Gastronomen halten wir Türsticker, Aufsteller und vieles mehr jederzeit bereit“, erklärt Simona Dunsche. „Außerdem kann man auf unserer Internetseite oder in unserer App problemlos feststellen, wo die nächste Station wäre.“
Artikel-Teaserbild (oben): RECUP