Nicht nur für Präsidenten und Kaiser: Aachener Printen

Weihnachtszeit, Plätzchenzeit. Lebensmittelmagazin.de hat sich in Aachen die Herstellung der berühmten Printen angeschaut und einiges über deren historische Bedeutung erfahren.

Schon zu Lebzeiten Karls des Großen, der hier seine Kaiserpfalz hatte, pilgerten die Gläubigen jährlich zu den vier Heiligtümern in Aachen. Dort beteten sie die Reliquien wie das Kleid Mariens, die Windeln Jesu, das Lendentuch Jesu und das Enthauptungstuch Johannes des Täufers an. Der Ausbruch der Pest-Epidemien im 13. Jahrhundert sorgte für die Beschränkung der üblichen Heiligtumsfahrt auf einen Turnus von sieben Jahren, um die Krankheitsausbrüche zu regulieren bzw. einzudämmen.

Die Innenstadt von Aachen in der Morgenröte mit dem Dom im Zentrum.
Die Aachener Heiligtumsfahrt bezeichnet die alle sieben Jahre stattfindende Pilgerfahrt zu den vier großen Aachener Heiligtümern.
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Hauptsache satt

Ursprünglich war das sogenannte Gebildebrot aus Lebkuchen zur Verpflegung der Pilgerscharen erdacht. Schmackhaft, aber vor allem nahrhaft und haltbar sollte es sein. Im 15. Jahrhundert wurde es regelrecht zum Pilgersouvenir und fand sich in den Auslagen vieler Aachner Bäckereien wieder. Dieser Entwicklung ging der wirtschaftliche Aufschwung der Messingindustrie voraus, die sich im Vorort Stolberg etablierte. Belgische Kupferschmiede aus dem 100 Kilometer entfernten wallonischen Dinant mussten aus politischen Gründen Richtung Aachen flüchten und brachten nicht nur ihre handwerklichen Kenntnisse, sondern auch ihr Lebkuchenrezept der sogenannten Couques de Dinant (süße, harte Kekse) mit.

Der Name „Printe“ hat dabei dieselbe Wurzel wie das englische „print“, das man vom Computer kennt, kommt aber aus dem Niederländischen „prente”. In allen drei Fällen geht es um Druck, bzw. um den Abdruck von Hohlformen. Dabei waren sie keineswegs die ersten: Printen, auch anderswo Leb- oder Pfefferkuchen genannt, kannte man als mit Honig gesüßtes Gebäck bereits bei den alten Ägyptern, wo man dieses als Grabbeigaben verwendete. Auch die Römer genossen das bei ihnen bekannte „Panis mellitus“, eine Art Honigkuchen.

„Napoleon ist an allem schuld, also auch an der Aachener Printe.“

Aachener Sprichwort

Das Typische der Aachener Printen im Vergleich zu anderen Lebkuchen ist zum einen, dass sie erstmal ausgesprochen bissfest sind und zum anderen, dass man auf kleine Kandiskristalle beißt. Der süße und würzige Teig enthält zudem weder Fett noch Eier. Verantwortlich für die gröberen Zuckerkristalle ist übrigens kein Geringerer als Napoleon Bonaparte, der mit einer Kontinentalsperre der Briten dafür sorgte, dass die Aachener Bäcker in Ermangelung an Rohrzucker, Wildblütenhonig und Gewürzen aus Übersee auf heimische Produkte zurückgreifen mussten. Dazu gehörten Zuckerrübensirup und der nicht so feine, etwas aromatischere Farinzucker.

Aus der Form

Es sollte bis 1820 dauern, bis der Konditor Henry Lambertz einen Teig entwickelt hatte, der sich zwar schlechter formen, dafür umso besser auf dem Backblech schneiden ließ. Das war einer der Hauptgründe für die heute übliche charakteristische Riegelform. Um sich von den bis dahin üblichen Rezepturen der Couques de Dinant abzuheben, wurde der Lebkuchen mit Zuckerrübensirup „Aachener Printe“ genannt. Mit Gewürzen wie Zimt, Anis, Nelken, Kardamom, echtem Koriander, Piment aber auch Orangeat entstanden später die sogenannten Kräuter-Printen. Dem folgten 1872 die Schoko-Printen sowie Prinzess-Printen mit Zuckerguss. Die Firma Lambertz avancierte so sukzessive zum Hoflieferanten der niederländischen, belgischen und preußischen Königshäuser. Der Konditorei im „Haus zur Sonne“ direkt am innerstädtischen Markt folgten weitere Filialen sowie eine mit einer Dampfmaschine betriebene Manufaktur. Die Sonne führt Lambertz nach wie vor im Firmenemblem.

Anfang der 1960er Jahre baute das Unternehmen aufgrund der erheblichen Zerstörungen in Aachen seinen Firmensitz im Norden Aachens am Standort Laurensberg auf, wo man das Unternehmen bis heute findet. Lambertz gilt als eine der ältesten Süßwarenmarken Deutschlands.

Nicht nur zur Weihnachtszeit

Seit 1992 genießen Aachener Printen übrigens die geschützte geographische Angabe. Auch wenn die Rohstoffe aus aller Welt stammen, dürfen Aachener Printen nur im Großraum Aachen, zum Beispiel in Würselen und Stolberg, hergestellt werden. Und während die Aachener Bäckereien und Konditoreien rund ums Jahr Aachener Printen für die Besucherinnen und Besucher der Stadt backen, sind die Printen bei Lambertz Saisonware für den Herbst und Winter. Ende Juli, wenn andere noch mental auf Freibad und Eis am Stiel eingestellt sind, beginnt die Produktion der Printen und läuft bis Nikolaus. Das liegt in erster Linie daran, dass Printen, ähnlich wie Spekulatius, nicht nur in der Weihnachtszeit, sondern bereits an kühlen Herbsttagen zur Tasse Tee genossen werden und so kann die Saison bereits im September beginnen.

650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Lambertz sind während dieser Zeitspanne dann in drei Schichten rund um die Uhr beschäftigt. Denn die Printenproduktion ist eine langwierige Angelegenheit. Die Vorteige werden mindestens zehn Tage vorher angesetzt, damit Backtriebmittel und Teigsäuren für feine Poren des Gebäcks sorgen. Der Teig wird ausgerollt,in Bahnen geschnitten und läuft über eine ca. 35 Meter lange Backstraße an deren Ende die fertige Printe herauskommt. Acht Bänder stehen in der großen Halle parallel, nebenan fahren Lebkuchenherzen, -sterne und -brezeln vorbei, auf der anderen Seite die Dominosteine. Die Printen erhalten nicht nur eine Schokoladendusche, sondern werden auf dem Band auch kurz in Schokolade getaucht, damit sie rundum optimal überzogen sind.

Schokolade ist bei Lambertz ein typisches Beispiel für bewussten Genuss, denn es wird ausschließlich Fairtrade-Schokolade verwendet. Die Kräuter-Printen, traditionell ohne Schokolade oder Zuckerguss, werden nach dem Backen mit Wasser befeuchtet und erhalten so ihren matten Glanz. Das Gewicht jeder einzelnen Printe wird überprüft, bevor das Gebäck in die Tüte kommt und seinen Weg in den Handel findet.

Aachener Schokoladen und Kräuter Printen von Lambertz in einer Tüte abgepackt
Zwischen den Schokoladen und Kräuter Printen fällt die Wahl gar nicht mal so leicht.
Foto: Pixelot – stock.adobe.com

Tue Gutes und rede darüber

Untrennbar in der heutigen Wahrnehmung mit der Marke verbunden ist Firmeninhaber Dr. Hermann Bühlbecker. Seit Ende der Siebziger Jahre engagiert er sich, Printen international bei Politik und Prominenz als süßes Geschenk, etwa bei Staatsbesuchen, und als Paradebeispiel deutscher Spezialitäten zu präsentieren, ganz im Geiste des Hoflieferanten europäischer Königshäuser.

Dazu passt, die Aufmerksamkeit durch pompöse Events statt Werbung zu wecken. Das geschieht auf regionaler Ebene etwa als Hauptsponsor des prestigeträchtigen Pferdesportturniers CHIO Aachen. Darüber hinaus engagiert er sich auf internationaler Ebene für die Förderung der Forschung im Kampf gegen das HI-Virus. So sitzt er beispielsweise im Kuratorium der Amfar, der American Foundation for AIDS Research. Bei aufwändigen Partys und Veranstaltungen mit internationalem Publikum, wie der Amfar-Gala in Cannes oder der Monday-Night-Party mit Schokoladen-Modenschau während der Internationalen Süßwarenmesse (ISM) in Köln gehen werbewirksamer Glamour und Wohltätigkeit Hand in Hand. Bühlbecker selber meint dazu: „Unternehmer sind nicht nur einer Ergebnisoptimierung verpflichtet. Sie tragen auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Und wer effektiv etwas bewegen will, muss sich engagieren.”

In diesem Sinne: Heute ist der 1. Dezember, Weltaidstag. Weihnachtliche Köstlichkeiten wie Printen schmecken bestimmt noch besser, wenn man mit einem Obolus dafür sorgt, dass die schreckliche Krankheit erfolgreich global bekämpft wird.

Spendenkonto der Deutschen Aidshilfe e.V.

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About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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