Ob Spirelli, Schmetterlinge oder Spaghetti, Nudeln landen hierzulande in allen Formen auf dem Teller oder in der Schüssel. Lebensmittelmagazin.de war beim Marktführer für Teigwaren in den neuen Bundesländern: der Teigwaren Riesa GmbH.
Geradezu märchenhaft ist der Ursprung der Nudeln in Riesa. Das fängt beim Riesen an, der sich bei einer Rast vom Wandern am Elbufer den Sand aus dem Stiefel kippt und so den Hügel erschafft auf dem später die Stadt Riesa erbaut wurde. Der Sage nach entstammen die Riesa Nudeln aus der Not einer königlichen Köchin, die nur noch Eier und Mehl auf Vorrat hatte. In ihrem Traum erschien der Riese und zeigte ihr, wie daraus Nudeln macht, die zur königlichen Leibspeise avancierten. Aus Dank findet man den Reisen bis heute auf jeder Packung Riesa Nudeln.
Nudelgeschichte
Die Geschichte der Nudeln reicht tausende Jahre zurück ins alte China: Forscher entdeckten 2005 einen Topf mit 4.000 Jahre alten Hirse-Spaghetti. Aus Mesopotamien, dem heutigen Irak, stammt das älteste überlieferte Nudelrezept 1700 vor Christus für Risnatu, eine Art Spätzlegericht. Die deutsche Eiernudel-Tradition reicht dafür immerhin bis ins 17. Jahrhundert zurück. Den deutschen Ausdruck Nudel findet man bereits im Jahre 1550, der 150 Jahre später von den Engländern als Noodle adaptiert wurde. Woher das Wort stammt, ist bis heute eher ungewiss, möglich wäre das lateinische Minutulus, was zerkleinert bedeuten würde, oder es bezieht sich doch auf den Knödel, dessen Etymologie sich wiederum vom Knoten ableitet, wer weiß?
Gerade südliche Regionen Deutschlands, z.B. Baden-Württemberg, sind berühmt für ihre traditionellen Nudelspezialitäten wie Spätzle oder Maultaschen. Aber auch in den übrigen Regionen gelten Nudeln als klassische (Sättigungs-)Beilage, etwa zu Ragoutgerichten. Angebraten mit Eiern, Käse oder Schinken genießt man sie hier als kleine Mahlzeit, wie man es etwa im Lübeckschen Kochbuch von 1906 liest. Und als Reminiszenz an die jüngere Vergangenheit findet man den DDR-Kantinenklassiker „Jägerschnitzel mit Gabelspaghetti und Tomatensoße” auf der Speisekarte des Restaurants Makkaroni, das zum Nudelcenter Riesa gehört. Das Nudelcenter ist ein Ort an dem Besucherinnen und Besucher die Herstellung der Riesa Nudeln bei einer Führung durch die Gläserne Produktion von Teig bis zur Verpackung beobachten können, inklusive Nudelmuseum mit Kino.
1914 gründete die Großeinkaufsgesellschaft deutscher Consumvereine mbH (als Konsumgenossenschaft ein Vorläufer der heutigen Supermärkte) die Teigwarenfabrik im wachsenden Gewerbegebiet des Riesaer Stadtteils Gröba, mit optimalem Anschluss zum Hafen und Bahnhof. Im ersten Betriebsjahr arbeiteten hier 97 Beschäftigte, die 2.055 Tonnen Nudeln produzierten. Das waren damals lange Nudeln wie Spaghetti oder Makkaroni, aber auch sogenannte Kurzwaren, wie Spirelli- oder Fadennudeln für Suppen. Als Teig nahm man den in Deutschland damals üblichen Nudelteig mit Eiern. Heute werden beim ostdeutschen Marktführer in Riesa an die 65 verschiedene Nudelformen mit unterschiedlichen Rezepturen hergestellt. Kurze Nudeln, wie Makkaroni-Chips, lange Nudeln z.B. Spaghetti oder Makkaroni in Bio oder konventioneller Qualität sowie Geschmacksnudeln mit beispielweise Tomate und Chili sind im Sortiment enthalten.
Vor Ort
Der Hartweizen für die Riesa Nudeln kommt nicht aus dem sonnigen Süden, sondern wächst quasi vor der Haustüre. Gerade hier in Mitteldeutschland findet man beste Bedingungen für den Hartweizenanbau, von Sommer- wie auch Winterdurum. Mit den Partner-Mühlen in der Region ergibt sich eine optimale und nachhaltige Wertschöpfungskette. Auch anderweitig macht sich das Unternehmen Gedanken um Nachhaltigkeit: Die Verpackung ist inzwischen frei von Pappe und Verbundmaterial, die Verpackung insgesamt wurde komprimiert.
In der Produktion wird zunächst der Hartweizengrieß mit Wasser im Teigmischer zu einem streuselartigen Nudelteig verknetet. Das wäre an und für sich schon die gesamte Zutatenliste für Hartweizennudeln. Bei Hartweizennudeln mit Ei werden zusätzlich frische Eier dem Teig zugegeben. Die Farbe bei beispielweise bunten Spirelli entsteht durch Tomaten- bzw. Spinatpulver und wird in diesem Prozessschritt dem Teig zugegeben. Als weitere Geschmacksrichtungen hat man die Möglichkeit zwischen Ingwer, Knoblauch sowie Tomate-Chili zu wählen. Ebenfalls wird Tintenfisch-Tinten-Pulver zum Färben der Bio-Sepia-Linguine genutzt, welches aber eher weniger Einfluss auf den Geschmack der Nudeln nimmt.
Statt Hartweizengrieß werden für einzelne Sorten auch Dinkel- bzw. Vollkornmehl verwendet. „Vollkorn- und Dinkelnudeln sorgen durch einen höheren Ballaststoffgehalt dafür, dass sich schneller ein Sättigungsgefühl einstellt,” erklärt das Marketing.
In der Produktionsanlage werden meterlange Nudeln durch die Matrize gedrückt. Ob es sich dabei um Spaghetti oder vielleicht doch Makkaroni oder Linguine handelt, ist dabei eine Frage der Matrize. Zum Trocknen laufen diese auf Metallstangen für sechs bis sieben Stunden durch die Trocknung mit zehn verschiedenen Klimazonen. Dabei werden sie bei Temperaturen bis zu 80 Grad sukzessive von 28 auf 12,5 Prozent Restfeuchtigkeit reduziert. Im Raum selber herrschen aufgrund des Trocknungsprozesses mollige Temperaturen um die dreißig Grad. Die fertig getrockneten Nudeln werden anschließend auf Zimmertemperatur abgekühlt, die getrockneten Spaghetti werden auf 22 Zentimeter geschnitten und fahren über kleine Wannen an Förderketten zur Verpackung, wo sie gewogen und abpackt werden. Parallel zur Langwaren- läuft die Kurzwaren-Anlage für Penne, Spirelli, aber auch Dinosaurier, Weihnachtsnudeln und vieles mehr. Auch hier wird der vormals streuselige Nudelteig komprimiert durch die Matrize gedrückt und direkt auf die passende Länge an der Matrize abgeschnitten. Die kurzen Nudeln durchlaufen im ersten Trocknungsprozess den Schüttelvortrockner. Dieser wird genutzt, damit die sie nicht aneinanderkleben. Die kurzen Nudeln haben auch eine geringere Trockenzeit von drei bis vier Stunden.
Foto: Teigwaren Riesa GmbH
So werden in Riesa ungefähr 90 bis 100 Tonnen Teigwaren am Tag hergestellt. Gibt es auch bei Nudeln Saisonware? Eigentlich liegt die Antwort des Marketing auf der Hand: „Jetzt im Winter gibt es eine wesentlich größere Nachfrage für Suppennudeln, etwa Bandnudeln oder Muscheln, während im Sommer Spirelli, Schmetterlinge und Co. für den Nudelsalat zum Grillen en Vogue sind.”
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