Ob Fleischalternativen oder Getränke mit gesundheitlichen Benefits, KitchenTown Berlin hilft Unternehmen jeder Größe, Lebensmittelinnovationen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Lebensmittelmagazin.de war zu Besuch.
Katharina Petereit ist Geschäftsführerin von KitchenTown Berlin. Unweit vom Alexanderplatz bietet das Unternehmen Büroarbeitsfläche, Versuchsküche und nicht zuletzt die fachliche Expertise des Teams zur Konzeption und Entwicklung neuer Lebensmittel. Dementsprechend gibt es als Alternative zur Kuhmilch zum Kaffee nicht einfach Haferdrink, sondern eine Milchalternative aus Erbsenproteinen von Vly, die geschmacklich einer frischen Vollmilch entspricht. Vly gehört neben Firmen wie Bettaf!sh, die erfolgreich Fischalternativen auf Algenbasis produzieren, zu den Unternehmen der ersten Stunde, die 2019 ihre Heimat bei KitchenTown gefunden hatten. „2018/19 war der Anstoßmoment für die Start-up-Szene im Lebensmittel-Bereich”, meint die Geschäftsführerin.
Für Groß und Klein
Die beiden KitchenTown-Gründer Lukas Neuß und Eike Kieras waren damals nach San Francisco gereist, um sich das originale KitchenTown anzuschauen. Petereit erläutert: „Während in San Francisco ein Schwerpunkt auf der Produktion der Produkte liegt, haben wir hier in Deutschland gute Möglichkeiten, extern produzieren zu lassen. Wir beraten und begleiten einerseits junge Start-ups, die oft mit ihren Ideen zu uns kommen, etwa wie aus einer Idee ein Prototyp wird. Möglicherweise haben sie diesen Schritt auch bereits erreicht und benötigen nun Hilfe dabei, das Produkt zu skalieren, die Wertschöpfungskette ihrer Rohstoffe zu etablieren und die erste größere Hürde, ihr Produkt beim Lebensmitteleinzelhandel unterzubringen, zu nehmen. Andererseits kommen die großen Unternehmen zu uns, um nicht nur von unserem unvoreingenommenen Expertenblick und unseren Einblicken in die aktuellen Trends zu profitieren und so Ideen für Produktneuheiten zu entwickeln, sondern auch um diese effizient und schnell umzusetzen.“ Die Firmen können mit KitchenTown Prototypen entwickeln und Produktneuheiten testen, um durch dieses iterative Vorgehen auch das Risiko zu verringern, dass die Produkte im Markt scheitern. Katharina Petereit gibt dabei zu bedenken, „Das größte Problem liegt bei der Einstellung: ‘Das haben wir immer schon so gemacht.‘ Wir helfen den Unternehmen dabei gemeinsam alles zu erarbeiten und alle wichtigen Stakeholder von vornherein in Projekte einzubinden.“
Weder Fisch, noch Fleisch
Wie könnte man die großen Herausforderungen beschreiben, die mit den Innovationen der Lebensmittelwirtschaft überwunden werden sollen? Hier sieht die Lebensmitteltechnologin einerseits gesundheitliche Aspekte, wobei Functional Food im Vergleich zu vergangenen Jahren eher rückläufig sei, dafür aber im Bereich der Getränke nach wie vor aktuell. Dabei ginge es in erster Linie um Darmgesundheit, etwa durch die Aufnahme von Ballaststoffen oder die Förderung des Mikrobioms durch Fermentationsprodukte. Andererseits ist Nachhaltigkeit ein großes Thema, denn aus Sicht von Katharina Petereit wird man es sich langfristig kaum leisten können, weiterhin Futtermittel auf Feldern anzubauen. Das Umdenken findet bei den etablierten Unternehmen längst statt. Ein Beispiel dafür ist Rügenwalder, die mit ihrer veganen Produktpalette das Angebot diversifiziert haben. Auch wenn der Hype längst eingebrochen ist, sieht Katharina Petereit ein langsames Wachstum für Fleischalternativen. Mit pflanzlichen Alternativen, etwa aus Soja, Kichererbsen und Co. schaffen die Hersteller eine gesunde Ausgewogenheit und ein vielfältiges Angebot. Die Alternativen auf dem Markt bieten dabei nahezu dieselben Kocheigenschaften wie Schnitzel, Hackfleisch oder anderes.
Alle unter einem Dach
Gegenwärtig arbeiten 40 Unternehmen unter dem Dach von KitchenTown. Auf dem Rundgang sieht man die zu Versuchsküchen umfunktionierten ehemaligen Kantinen. So findet man beispielsweise im Bereich von Bettaf!sh mehrere Algenproben im Abzug, während bei Laori der Produktentwickler an einem alkoholfreien Limoncello arbeitet. Die Lebensmittelpalette von KitchenTown ist bereits sehr weitgreifend und die Eindrücke der Projekte schaffen gleichzeitig immer mehr Ideen für andere. „Das Schöne ist, dass wir hier an diesem Ort tatsächlich etwas schaffen und lösungsorientiert arbeiten,“ resümiert Katharina Petereit.
Artikel-Teaserbild (oben): Pellio Pictures – KitchenTown