House of Food der Berlin Food Week

Jahrmarkt der Lebensmittel-Neuheiten: House of Food 

Vom Iced Blümchenkaffee bis zum fermentierten Tee-Pesto – das House of Food lockte vergangenes Wochenende Berliner Foodies ins Bikini-Haus, um die neuesten Gaumenfreuden zu präsentieren. Lebensmittelmagazin.de hat sich umgeschaut. 

Das Bikini Haus in Berlin
Foto: Johannes – lebensmittelmagazin.de

Nicht nur “Ciao Kakao”

Essen kann so viel mehr Politik sein, als sich kulinarische Hedonistinnen und hippe Foodies vorstellen können. Das zeigten diverse Produktideen im House of Food. So könnte beispielsweise Omas Muckefuck aus der Nachkriegszeit, also Kaffee aus Getreide anstatt aus Kaffeebohnen, angesichts gestiegener Rohstoffpreise für Kaffee eine Renaissance erleben – zumindest, wenn man das Münchner Startup Ciao betrachtet. Die italienische Begrüßungs- bzw. Endformel könnte hier für ‘Tschüss globaler Luxus’ und ‘Hallo regionale Alternativen’ stehen, denn den Ciao-Eiskaffee gibt es jetzt auf Basis von Gerste, Roggen, Zichorie und Löwenzahnwurzel mit Haferdrink und dem Extrashot synthetisches Koffein als geeisten Cappuccino, bzw. Haselnuss Latte. Die Gründer verwiesen mit ihrem Produktmarketing auf Nachhaltigkeitsaspekte im Zusammenhang mit dem Kaffeeanbau. Alternativen scheinen im Trend zu sein, man erinnere sich an die diesjährige internationale Süßwarenmesse in Köln, auf welcher eine kakaofreie Schokolade, wie es sie zuletzt in der DDR gab, als Gewinner des ISM Consumer Award ausgezeichnet wurde. 

Regelmäßige Schokoriegel 

Einem ganz anderen Thema widmen sich die Luna Balance Bars von nu³: In Spanien gibt es während der Menstruation extra Urlaubstage, hierzulande müssen sich Frauen bei Beschwerden mit Hausmitteln oder im schlimmsten Fall Medikamenten über Wasser halten.

nu³ mit ihren Luna Balance Bars
Foto: Johannes – lebensmittelmagazin.de

Nu³ ist eigentlich ein Unternehmen für Nahrungsergänzungsmittel, aber die Gründerinnen möchten Frauen mit ihrem neuen Produkt aus der Kategorie Functional Food noch besonders unterstützen: angereichert mit Zitronenmelisse, Vitaminen sowie Zink und Eisen, soll der Schoko-Erdnuss-Dattelriegel dafür sorgen, dass Krämpfe und weitere Symptome nicht ganz so schlimm werden. 

Einmal Alge-Schoko bitte!

Ais, Eiscreme mit Algen, von Convenience aus Hannover bietet einen überraschenden Lösungsweg für den politischen Auftrag der Zuckerreduktion. Das Unternehmen präsentierte Eiscreme mit Spirulina, die den Einsatz von Zucker um 30 Prozent reduzieren kann, ohne dass der süße Geschmack eingebüßt wird. Außerdem werden die antikristallinen Eigenschaften des Zuckers sowie die Cremigkeit von Sahne durch die langkettigen Algen-Moleküle kompensiert.

Die Sorten Haselnuss, Erdbeere und besonders Schokolade waren sehr geschmackvoll. Die Mikroalgen werden übrigens in der Nähe von Dresden gezüchtet. CEO Ernst-Dieter Eickhoff berichtete stolz: „Bei der Food Night zum Auftakt der Berlin Food Week wurde unser Eis als Dessert serviert und bekam allgemein gutes Feedback.” Damit nicht genug, der Geschäftsführer zauberte unterm Tisch ein Gläschen mit Currywurst-Soße auf Spirulina-Basis hervor, mit dem ebenfalls Zucker und Salz eingespart werden kann. Algen seien lebensmitteltechnische Wundertüten, die laut Hersteller wunderbar in die Planetary Health diet passen würden.

Kichererbse statt Soja

Auf einen alternativen Rohstoff setzt auch das Berliner Startup Omami. Sie präsentierten einen Tofu auf Kichererbsenbasis, deren Anbau in Europa schon etablierter sei als das hauptsächliche Importprodukt Soja. Dabei ließ sich bei der Verkostung weder an Geschmack noch Textur ein Unterschied zwischen der Kichererbsen-Variante und dem Soja-Original feststellen.

Dem Brand namentlich ähnlichen Umami wird der üblicherweise geschmacksneutrale Kichererbsen-Tofu insofern gerecht, als dass es ihn in einer Vielfalt an Marinaden gibt, neben klassischen Natur- und Räuchertofu auch als Sweet Chili, Pfeffer, BBQ und sehr lecker: Greek Salsa mit Zitrone, Knoblauch und Kräutern. Großen Respekt dafür, dass das Unternehmen es seit seiner Gründung innerhalb weniger Monate direkt in den Lebensmittel-Einzelhandel geschafft hat! 

Alge zum Löffeln

Um Umami und Algen geht es auch bei Arang, bzw. den Seetang-Suppen mit Wakame und Shiitake oder Huhn. Auch hier kommen die Rohstoffe aus Europa, denn die Wakame-Algen sind nicht nur bio-zertifiziert, sondern stammen aus spanischen Gewässern. Die stolze Gründerin bot außerdem typische Marinaden für die koreanische Küche an, wie das Rindfleischgericht Bulgogi etwa. Selfmade-Woman Sung-Hee Kim erzählte: „Meine Eltern führten das erste koreanische Restaurant Norddeutschlands in Hamburg und meine Schwester und ich waren nur als die Arang-Schwestern bekannt, wie der Name des Restaurants.” Die Suppe war geschmacklich rund und angenehm. Im letzten Winter haben selbstoptimierende Menschen heiße Knochenbrühe aus To-go-Bechern getrunken, diese Suppe könnte definitiv eine Alternative dazu sein.

Auf dem Teller statt in der Tasse

Nicht ganz so fernöstlich, nämlich aus Myanmar, stammt das Tee-Pesto von Laphet, was fermentierter Tee bedeutet. Denn die Basis dafür bilden Milchsäure-fermentierte Teeblätter, vergleichbar mit Sauerkraut oder Kimchi. Diese sind in Myanmar ein klassisches Lebensmittel, das zum Beispiel dort mit Schweinefleisch angebraten wird. Der fermentierte Tee wird von Laphet direkt vom lokalen Bauern und Produzenten importiert. Im House of Food präsentierten sie es als Geschmacksbombe im Salat. Tee-Fans dürften gespannt darauf sein, Tee mal in dieser Variante genießen zu können. Dafür gab es diesjährig bereits den Peta Vegan Award.

Die diesjährige House of Food schaffte es als eher kleine kuratierte Ausstellung statt großer Messe einerseits die Vielfalt des Lebensmittelangebots, seien es Drinks mit und ohne Alkohol oder Fleischalternativen und Fleischspezialitäten, darzustellen. Andererseits sind es gerade die dort gezeigten Innovationen – ob Functional oder Novel Food, internationale Geschmäcker oder regionale Rohstoffe – die es schaffen, mögliche aktuelle Bedürfnisse zu befriedigen. Und Algen sind wohl kaum noch aufzuhalten als Trend.

Artikel-Teaserbild (oben): Berlin Food Week

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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