Der erste Urlaub nach langer Zeit – Ende September ging es mit Kind und Kegel in das Öko-Resort Casa Vale da Lama an die Algarve. Wir haben uns für das Lebensmittelmagazin.de dort umgeschaut.
Von der Empore der Freitreppe des Resorts Casa Vale da Lama hat man eine wundervolle Sicht über das Tal, Olivenbäume, Palmen, dem etwas entfernten Kanal und am nördlichen Horizont erhebt sich das Gebirge von Monchique, mit dem höchsten Berg Foia der Algarve in Portugal. Rezeptionistin Sarah schaut etwas wehmütig zum Gebirge: „Es war ein mystischer Ort, vor dem großen Brand vor drei Jahren. Lange Zeit hörte man keine Vögel dort. Langsam aber kehrt die Natur zurück.“
Fauna und Flora
Direkt vor Ort bietet das Resort reine Idylle: Bereits auf dem etwas holprigen Feldweg abseits der Hauptstraße, vorbei an schwer tragenden Granatapfelbäumen und Bananenstauden, erblickt man zuerst die große 100.000 Liter fassende Wasserzisterne, die mit farbenfrohen Mosaiksteinen dekoriert ist. Über dem Eingang des Hauptgebäudes neigen uralte Feigen- und Carob-Bäume ihre Äste. Der linke Flügel beherbergt in elf Maisonette-Studios seine Gäste. Rechts liegt das Restaurant mit einer gemütlichen Terrasse inmitten eines Kräuter- und Stauden-Gartens: Der große Rosmarinbusch blüht hellblau, die Beete sind bedeckt mit Pfefferminze und anderen Kräutern. Diesen Duft vervollständigt die üppig wachsende Zitronenverbene. Hinter dem Garten stehen die alten Orangenbäume der ehemaligen Plantage. Dazwischen scharren die Hühner in den ultraleichten Tipi ähnlichen Konstrukten.
Köstliche Veggie-Küche
Marek Horvath ist Koch auf der Öko-Farm Casa Vale da Lama. „In Portugal findet man durchaus einige Hotelprojekte mit ökologischem Ansatz, aber das hier gehört zu Portugals Top fünf Resorts“, ist sich der junge Koch sicher. Zuvor ist er schon gut rumgekommen. „Bevor ich hier im Dezember angefangen habe, habe ich in Karlovy Vary (Karlsbad) in Tschechien in einem Detoxhotel als veganer Koch gearbeitet. Davor bin ich insgesamt fünf Jahre lang gereist, vor allem durch Asien, meine Arbeitsstationen waren auf Bali, in Thailand, Singapur und Taiwan.“ Als Koch begonnen hatte er im Restaurant seines Vaters in der Slowakei, der von der traditionellen Küche aus gesundheitlichen Gründen zur vegetarischen Küche wechselte. Hier hatte er seine Frau kennen gelernt, die als Souchefin für ihn arbeitete. Jetzt lebt die Familie mit ihrer 15 Monate alten Tochter unweit des Resorts. Zusammen mit einer weiteren Souchefin und einer Kellnerin kocht Marek Horvath jeden Abend vegetarische Gerichte auf Basis des aktuellen Angebots an Obst und Gemüse für 15 bis maximal 40 Gäste. Besonders spannend sind dabei die Desserts mit Carob anstelle von Kakao, wie das Eissandwich mit Kürbiseis im Carob-Cookie. Lustig und überraschend waren auch seine Imitationen, eine Faux gras auf Linsenbasis oder eine „Thunfischcreme“ aus Kichererbsen mit Seaweed.
Kochen nach Saison
Im Dezember begann er seine Arbeit auf der Farm, um bei der Planung der Gemüse und Früchte für die Hotelsaison mitwirken zu können. Der Großteil an Lebensmitteln stammt vom Hof. Käse und Wein aus der umliegenden Region, das Olivenöl beispielsweise aus dem nahe gelegenen Monchique. Begeistert berichtet er über die Ernteerträge rund ums Jahr, beispielsweise die anhaltende Erdbeerernte seit fünf Monaten, die er auf die hervorragende Kreislaufwirtschaft des Permakultur-Konzepts zurückführt. „In dieser Form regenerativer Landwirtschaft entstehen nahezu keine Abfälle. Das Wasser wird recycelt, Ernte- und Küchenabfälle werden an Hühner, Schafe und Esel verfüttert, deren Dung Grundlage für den hervorragenden Dünger ist.“ Bis zu 50 Prozent dessen könne die Farm zweimal pro Woche auf dem Markt verkaufen. „Im Winter kommt das Gemüse zwar aus dem Gewächshaus, aber dafür haben wir dann z. B. Orangen und Mandarinen“, erklärt Marek Horvath. Für den jungen Koch stehen im Resort im kommenden Jahr große Änderungen bevor: Sowohl die Terrasse, der Gästeraum als auch die Küche sollen vergrößert werden, im Rahmen einer allgemeinen Expansion des Resorts. „Wir möchten im Rahmen einer Farm-to-Fork-Show vor den Gästen auf der Terrasse kochen“, freut er sich.
Prinzip Permakultur
Ein paar Tage später führt die Permakultur-Lehrerin und Beraterin Leslie Martin über das Gelände der Farm. Vor 27 Jahren hat sie das Prinzip der Permakultur kennengelernt und übernommen. Sie erklärt es folgendermaßen: „Das Wort Permakultur setzt sich zusammen aus permanent und Agriculture, also Landwirtschaft. Es ist ein Post-Organic-Konzept, das beispielsweise auf eine ganzjährige, vielfältige Pflanzenfolge mit mehrjährigen Pflanzen setzt anstelle von Monokulturen. Dabei geht es nicht nur um achtsame Landwirtschaft, sondern auch um die Regeneration der Böden nach jahrzehntelangem Raubbau.“ Seit drei Jahren lebt die Engländerin auf dem Hof, nachdem ihr ursprüngliches Heim beim Brand in den Wäldern von Monchique in Mitleidenschaft gezogen wurde. Sie erzählt von den Anfängen der Farm: „Auf dem 43 Hektar großen Areal einer alten Feigen-Plantage baute der Amerikaner Walt Ludwig mit seiner portugiesischen Frau Delfine Barocca (genannt Nita) 2003/2004 aus der Überzeugung heraus, sein Geld würde bei einer Bank nur die Waffenindustrie unterstützen, diese Farm. 2010 wurde die Resortanlage angegliedert, mit der Versorgung durch die Erträge des Hofes.“
Besondere Umstände …
Die praktische Umsetzung berücksichtigt dabei eher Resilienz anstelle von Nachhaltigkeit. Wichtig seien dabei Kreislaufwirtschaften, etwa bei Wasser und Dünger, mit dem Ziel, sowohl das Land, wie auch den Menschen bestmöglich zu versorgen. Das schließt das finanzielle mit ein: Etliche lokale Kleinunternehmer sind mit der Farm verbunden. Wie beispielsweise eine Frau namens Maria, die Früchte und Gemüse der Farm einlegt, fermentiert oder trocknet und so durch den Verkauf ihr Geld verdient.
Der Spaziergang beginnt hinter den Garten bei den Orangenbäumen und Hühner-Tipis. Leslie Martin erklärt: „Die Tipis werden jeden Morgen zwischen den Bäumen versetzt, die wichtigste Aufgabe der Hühner ist neben dem Eierlegen die Schädlingsbekämpfung. Sie fressen die Insekten, die ihre Larven sonst in die Früchte absetzen. Davon abgesehen düngen sie die Erde um die Bäume herum.“ Bei einem knorrigen Feigenbaum zeigt die Lehrerin die gegenwärtig größte Herausforderung der Farm: Die freigelegten Wurzeln sind ein Zeichen von Bodenerosion. Einer der Gründe dafür sei die Trockenheit der Gegend. Die Permakultur-Beraterin gibt zu bedenken: „Die Algarve erhält weniger als 400 mm Niederschlag im Jahr, gegenwärtig ist das Wasserreservoir bei Monchique aber lediglich zu zehn bis 15 Prozent gefüllt.“ Der Klimawandel sorge dafür, dass die jahreszeitlichen Wetterfolgen unvorhersehbar werden, ist Leslie Martin überzeugt. Viele Quellen in der Gegend seien inzwischen versiegt. Die Bauern hier auf der Farm zögern aber zur Bewässerung auf das Grundwasser zurückzugreifen, dies verschlimmere nur das Problem. Einmal quer über das Gelände des Resorts führt ein kleiner Kanal Wasser vom Reservoir hin zu einem nahegelegenen Golf-Resort. Auch das Resort Casa Vale da Lama bezieht einen Teil seines Wassers hiervon. Eine große Solaranlage liefert die Energie dazu, das Wasser zweimal pro Woche hoch auf den Berg der Öko-Farm zu pumpen.
… erfordern besondere Maßnahmen
Auf dem Weg nach oben weist sie auf eine üppige Bananenstaude in der Nähe der Angestellten-Unterkünfte. Sie erklärt: „Das Abwasser wird unterhalb der Staude gesammelt, die Pflanze reinigt das Wasser und wird gleichzeitig darüber gedüngt und versorgt. Das Wasser hat dann zwar keine Trinkwasserqualität mehr, kann aber beispielsweise zur Bewässerung genutzt werden.“ Von der Hügelkuppe aus blickt man über das gesamte Gelände, das sich bis zum Fluss mit erstreckt. Am Fluss sind große Wiesen. „Das ist Land, das dem Meer durch Dämme abgegraben wurde. In den 1950er Jahren hatte man die Idee, hier Reis anzubauen. Das konnte man fünf Jahre, bis der Boden für den Anbau zu salzig war. Inzwischen fressen selbst die Rinder das Gras aus dem Grund nicht mehr. Jetzt gibt es den Plan, das Land dem Meer zurückzugeben. Nutznießer wären beispielsweise Zugvögel, deren Route genau hier entlangführt. Auf dem Weg abwärts zeigt sie an einigen Stellen auf sogenannte Hügelbeete, aus Zweigen aufgeschichtete Wälle als Maßnahmen gegen die Erosion. Der üppige Pflanzenwuchs an diesen Stellen bestätigt die Maßnahmen der Landwirte.
Am kleinen Kanal angekommen zeigt die Permakultur-Expertin einen Früchte-Wald mit Bananen, Äpfeln, Quitten und sogar einem Avocadobaum, der zweimal pro Woche gewässert wird. Direkt daneben liegt ein noch freies Feld, dort soll ein trockener Früchte-Wald entstehen. „Pflanzen wie frühe Aprikosen und Pflaumen benötigen nur im Winter Wasser und kommen ansonsten mit der Trockenheit hervorragend klar. Wir versuchen jetzt hier Pflanzen zu finden, wie beispielsweise die Drachenfrucht, die sich diesen Bedingungen anpassen.“ Nach der Besichtigung der Gewächshäuser und des Gemüsefelds zeigt sie zu guter Letzt noch die Kompostanlagen. In einer Kiste lagern Pflanzenreste, in einer anderen Kiste trockener Dung. Besonders spannend ist ein großer Kanister, in dem es blubbert. „Worm Tea“, erklärt Lesley Martin. „Der effizienteste Weg, um die Nährstoffe zu verteilen, besonders die Enzyme der Kompostwürmer.“ In den Kanistern hängt ein Beutel mit Kompost, dessen Nährstoffe so kultiviert werden, um später auf die Felder gebracht zu werden.“ Ein sehr spannender Spaziergang!
Für die nächste Generation
Tags drauf geht es mit den Kindern in den Früchte-Wald. Bei einem mit reifen Früchten volltragenden Granatapfelbaum sind sie nicht mehr zurückzuhalten, die Früchte zu pflücken. Bald genießen sie mit vollgespritzten Shirts die köstlichen, roten Kerne. In dem Moment kommen die Besitzer des Hotels vorbei. Nita Barocca freut sich über die Kinder und berichtet von ihrer NGO „Project New Discoveries“, die vor Corona Jugendzeltlager auf dem Gelände der Farm eingerichtet hatten. Jugendliche aus ganz Europa konnten sich hier über die Themen Permakultur in der Landwirtschaft und Naturschutz informieren, austauschen und fortbilden.
Haupt-Artikelbild (oben): Johannes S. – Lebensmittelmagazin.de