Trotz verwirrendem Namen wächst im badischen Durbach hervorragender Riesling. Lebensmittelmagazin.de war vor Ort bei Deutschlands bester Winzergenossenschaft 2024.
Seit über 950 Jahren wird in Durbach im westlichen Schwarzwald, keine 20 Kilometer von Straßburg entfernt, Wein angebaut. Hier im Ortenaukreis verspricht schon der Anblick der Landschaft eine reichhaltige Weinkultur, angesichts der umliegenden Hügel mit ihren gewaltigen Rebflächen, deren sich verfärbende Weinblätter im Herbst alles in ein sattes Gold tauchen.
Lieblingswein
Seine Bedeutung als Riesling-Mekka gewann der Ort erst 1782, als der damalige Markgraf Carl Friedrich von Baden in seinem Weingut auf Schloss Staufenberg im Gewann Klingelberg, der höchstgelegenen Rieslingparzelle Deutschlands mit 400 Metern über dem Meeresspiegel, seine beiden Lieblingsreben nachzüchten ließ. Vorher wurde hier, wie damals üblich, gemischter Satz angebaut, das heißt alle Rebsorten bunt durcheinandergemischt.
War Klingelberger zunächst nur ein Spitzname, ist der Name inzwischen im Weingesetz als Synonym geschützt. „Aber ob sich der Name davon ableitet, wie es klingt, wenn die Hacke beim Jäten auf Granit stößt oder doch von der Glocke zur Sicherung des Fasses – das weiß ich nicht. Die Geschichten dazu sind jedenfalls unzählig”, sagt Stefan Danner, geschäftsführender Vorstand der Winzergenossenschaft Durbach.
Sonderfall Riesling
Als meist angebaute Rebsorte in Deutschland sind klassische Regionen für Riesling eigentlich Rheinhessen, Rheingau und die Pfalz, während Baden klassisches Burgunderland ist. Durbach gehört zum Weinbaugebiet Baden, Deutschlands südlichstem Weinbaugebiet.
„Aber hier in Durbach bietet der poröse Granit für Riesling optimales Terroir, da er Humus, Wasser und Wärme speichert. Ein Drittel der Fläche, rund 96 Hektar, sind mit Riesling bepflanzt. Der Wein, der grundsätzlich von der Ausprägung her sehr mineralisch ist, ist hier eher spritzig ausgeprägt und hat Briochenoten. Außerdem ist er langhaltig, muss also nicht wie andere Weißweine eher kurzfristig getrunken werden“, weiß Danner. Neben Riesling werden hier noch weitere Rebsorten angebaut, etwa Grau- und Weißburgunder und Chardonnay, aber auch Spätburgunder.
Drei Varianten des Klingelbergers von Durbacher
Fotos: Durbacher Winzer eG
Gewusst wie
Auf die Frage, inwiefern der Klimawandel mit Temperaturanstieg und sonstigen Begleiterscheinungen eine Herausforderung für die Winzer darstellt, weiß der Geschäftsführer zu beruhigen: „Die Winzer können sich darauf einstellen. Für uns bedeutet das zunächst, dass die Rieslingreben nicht hundertprozentige Südlage haben sollten, und die Winzer sollten beim Entblättern auf Höhe der Trauben an den Rebstöcken Vorsicht walten lassen.”
Aber auch hier wird mit neuen Rebsorten, sogenannten Piwi-Sorten, experimentiert. Das sind pilzwiderstandsfähige Rebsorten wie Souvignier Gris, Cabernet Sauvignon und Merlot.
Stefan Danner leitet die Winzergenossenschaft Durbach seit 2015, zuvor war er seit 2004 Marketingleiter. Obwohl ursprünglich ausgebildeter Banker, ist er wie sein Bruder, der als Vollerwerbswinzer arbeitet, im Wein aufgewachsen und hat früh zurückgefunden. Die Winzergenossenschaft selber wurde bereits 1928 gegründet, unterhält aktuell 41 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Außerdem werden hier Kaufmänner und -frauen, sowie Weintechnologinnen und -technologen ausgebildet. Die ansässige Vinothek hat rund ums Jahr geöffnet, „außer an Weihnachten, Silvester, Ostern und Karneval. Der wird hier übrigens ausgesprochen ernst genommen”, lacht Stefan Danner.
Ohne Fleiß kein Preis
In Durbach gibt es insgesamt 14 Weinbaubetriebe, 13 Private neben der Winzergenossenschaft. Diese hat 141 Mitglieder, wovon 40 Vollerwerbswinzerinnen und -winzer sind mit 80 Prozent des Ertrags der Genossenschaft. Und der Ertrag muss härter als andernorts erwirtschaftet werden: Aufgrund der Steillage muss die Lese fast ausschließlich per Hand erfolgen. Dementsprechend benötigt es Vollprofis mit Erfahrung in den Weinbergen. Die rumänischen Erntehelferinnen und -helfer müssen in Stollenschuhen bei der Arbeit stehen. „Andere Weinbauregionen arbeiten mit Vollerntern und haben dadurch enormen Kostenvorteil”, gibt der CEO zu bedenken. Zeitpunkt der Lese bespricht der Vorstand und legt diesen für alle Mitglieder verbindlich fest. In der modernen Kelterstation der Genossenschaft wäre dann theoretisch möglich, zwölf unterschiedliche Qualitäten parallel zu sammeln und zu pressen. Die Weine der Genossenschaft findet man beispielsweise auch in Berliner Restaurants, wie „Jäger und lustig“ in Friedrichshain, „Fischer und lustig“ im Nikolaiviertel oder dem „Beast“ am Alexanderplatz.
Ausgezeichnet
Dieses Jahr kann sich die Winzergenossenschaft Durbach mit dem Titel „Winzergenossenschaft des Jahres”, vergeben von der Weinfachzeitschrift „Selektion” schmücken. „Noch besser ist allerdings, dass auf der ABC Vienna, der größten Weinmesse der Welt mit 10824 Weinen von 1412 Winzern aus 41 Nationen, die Winzergenossenschaft Durbach als eine von insgesamt 23 Winzerbetrieben mit fünf Sternen ausgezeichnet wurde”, berichtet Stefan Danner stolz.
Stolz auf seine Weinkultur zeigt sich der Ort allenthalben. Auf dem Ölberg ist ein Platz zu Ehren der Weinkönigin Sina Endrich von 2019 gewidmet.
Und noch eine Besonderheit verrät Stefan Danner:
Während in Durbach nicht nur der Riesling prächtig gedeiht, gibt es auch noch die besondere Rebsorte „Traminer“, in Durbach auch „Clevner“ genannt. Diese Bukettsorte ist meist restsüß ausgebaut und en ein perfekter Begleiter zum Gugelhupf mit Rosinen. Rotkäppchen lässt grüßen.
Artikel-Teaserbild (oben): Durbacher Winzer eG, Guido Gegg