Es ist noch Suppe da: in der Suppenküche der Franziskaner

Viele Menschen kommen im Alltag nicht über die Runden. Eine lebenswichtige Anlaufstelle bietet dann die Suppenküche. Hier bekommt jeder einen Teller heiße Suppe und darüber hinaus. Lebensmittelmagazin.de schöpft nach.

Durch die große Scheibe des lichten Speisesaals liest man auf der vorweihnachtlichen Reklame des benachbarten Supermarkts von „Himmlischen Köstlichkeiten”. Im Saal der Suppenküche des Franziskanerklosters in Pankow duftet es dafür nach deftigem Eintopf, der verspricht, satt zu machen und gut zu schmecken.

Der Speisesaal der Suppenküche des Franziskanerklosters in Pankow von außen.
Im Speisesaal der Suppenküche des Franziskanerklosters herrscht oft reges Treiben.
Foto: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de

Für das Kostbarste

An diesem Vormittag nimmt man vor allem eine starke Knoblauchnote wahr. In der Ecke des Saales sitzen einige Ehrenamtliche, die damit beschäftigt sind, einen großen Berg der Knollen zu schälen für zukünftige Mahlzeiten. Einige Gäste sitzen schon bei einer morgendlichen Tasse Kaffee mit Brötchen zusammen. Die Suppenküche dient auch als Treffpunkt für Gespräche und Beisammensein. Keiner, der hierherkommt, muss einen Nachweis der Bedürftigkeit vorzeigen. „Wir machen das etwas anders als beispielsweise bei den Tafeln. Hier fällt beispielsweise die symbolische Bezahlung weg, damit wirklich jeder eine Mahlzeit bekommen kann. Dafür ist die Überwindung her zu kommen, sich selber einzugestehen, dass man es allein nicht mehr schafft, umso größer. Unsere Gäste geben uns ihr Kostbarstes, ihren Hunger, ihre Bedürftigkeit”, sagt Suppenküchenleiter Bernd Backhaus.

Bruder Christoph vom Franziskanerkloster in Berlin-Pankow
Bruder Christoph ist einer der vier Brüder, die aktuell im Franziskanerkloster in Pankow zuhause ist.
Foto: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de

… damit ich deinen heiligen und wahrhaftigen Auftrag erfülle

Die Suppenküche wurde 1991 von der Franziskanerin Schwester Monika gegründet, die sie unter einfachen Bedingungen aufbaute. Seit 103 Jahren sind auf dem Gelände in Pankow die Franziskaner zu Hause. Aktuell leben hier vier Brüder nach den Regeln des heiligen Franz von Assisi. Bruder Christoph zeigt auf die drei sogenannten AEG-Knoten seines Gürtels, die Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam symbolisieren. 2001 übergab die Schwester die Suppenküche den Klosterbrüdern, um sich einem anderen Projekt zu widmen, dem Kinderhaus Sonnenblume, eine Einrichtung, in der schwangere, obdachlose Frauen unterkommen und auch entbinden können. Um die Suppenküche sinnvoll auszubauen, verkauften die Brüder einen Gartenteil ihres Grundbesitzes und errichteten bis 2004 den freundlich hellen Saal mit Platz für 160 Besucher.

Mehr als Suppe

Die Franziskaner-Suppenküche bietet den Bedürftigen nicht nur Mittagessen, sondern dienstags und freitags auch eine Hygienestation, in der sie ihre Wäsche waschen lassen, sowie im Bedarfsfall auch selber duschen und sich pflegen können. Im Häuschen hinter der Suppenküche werden zusätzlich Hygieneartikel ausgegeben. Darüber hinaus sorgt die gut sortierte Kleiderkammer für eine ordentliche Ausstattung. Auch eine Sozialarbeiterin bietet ihre Unterstützung an und ein Ärzte- sowie seit neuestem ein Zahnmobil helfen an bestimmten Tagen unmittelbar vor Ort.

Das Häuschen hinter Suppenküche versorgt Bedürftige mit Hygieneartikeln.
Das Häuschen hinter Suppenküche versorgt Bedürftige mit Hygieneartikeln.
Foto: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de

Dienstag bis Sonntag zwischen 9.30 und 15.00 Uhr bietet das Team um Leiter Bernd Backhaus und Franziskanerbruder Christoph täglich ein warmes Essen für rund 250 bedürftige Gäste an. Das können durchaus auch mehr werden, etwa an Nikolaus, wenn von den Schülerinnen und Schülern der nahen Theresienschule selbst befüllte Nikolausstrümpfe ausgeteilt werden. Weil die Bedürftigen aber aus der ganzen Stadt kommen, kann es sein, dass etwa eine durch Streik lahmgelegte S-Bahn dafür sorgt, dass weniger Menschen kommen.

Außer den beiden Leitern sind zwei Köche fest angestellt, sowie eine halbe Verwaltungskraft, die die Spenden organisiert. Der Leiter Herr Backhaus erklärt dazu: „Natürlich sind wir als Suppenküche, die seit nahezu 33 Jahren zu 100 Prozent von Spenden getragen wird, auf die Öffentlichkeit angewiesen: Viele kleine Leute tragen unser Tun für die vielen kleinen Leute, die es nutzen.”

Heute gibt es einen Grund zur Freude: Die Baden-Württembergische Bank übergibt eine großzügige Geldspende. Und bei der Gelegenheit lässt es sich der Chef nicht nehmen, sich von der Qualität der Mahlzeit beim Mittagessen persönlich zu überzeugen.

Ein Teller mit Kartoffel-Quark-Taschen, Kohlgemüse und Salzkartoffeln.
Bevor das Mittagessen an die Gäste ausgegeben, stärken sich die Mitarbeitenden, heute mit Kartoffel-Quark-Taschen mit Kohlgemüse und Salzkartoffeln.
Foto: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de

Kreatives Kochen

Die Suppenküche wird von 150 Ehrenamtlichen unterstützt, die werktags in festen Gruppen von neun Leuten, dafür am Wochenende wechselnd, ihren Dienst verrichten. Im suppenkücheneigenen Transporter fahren sie jeweils am Morgen die umliegenden Supermärkte und Bäckereien des Kiezes an, um Lebensmittel, die beispielsweise kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder Frischware, die alternativ entsorgt werden würde, als Spenden entgegen zu nehmen. Wenn die Speisespenden nicht ausreichen, müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Lebensmittel von den Geldspenden kaufen. „Es ist eben so, dass sich unter gegenwärtigen wirtschaftlichen Bedingungen auch die Supermärkte bei der Bestellung einschränken. Dementsprechend bleibt hinterher weniger übrig, als Lebensmittelspende.” Aufgrund dieser besonderen Situation ist es zum Beispiel auch nicht möglich etwa einen Wochenplan zu erstellen. „Wir kochen mit dem, was wir bekommen”, sagt Küchenchef Thomas Horstmann. Im Raum hinter der Küche sichten die Mitarbeitenden die Spenden. Frisches Obst und Gemüse wird geputzt, verlesen und sortiert. Eintopfkonserven werden nach Fleisch und vegetarisch aufgeteilt und in größere Deckeleimer umgefüllt für die kommenden Mahlzeiten. Abgepackte Lebensmittel wie Joghurts werden so an die Gäste ausgeteilt. Koch Peter Peetz grübelt gerade über eine Packung thailändischer Brühwürfel, die von den Aromen etwas würzig-schärfer ausfallen, als herkömmliche. „Das nehmen wir für einen asiatischen Pilzsalat, hier kommt nichts um”, lautet sein Fazit.

Tatsächlich gibt die Suppenküche Lebensmittel, die nicht unmittelbar benötigt werden, z. B. viel an Obst, weiter an andere Organisationen wie die Tafeln. Andererseits verarbeiten sie auch Saisongemüse, wie neulich etwa Kürbis und frieren diesen fertig gewürfelt ein um ihn nach und nach zu verbrauchen. Auf die Frage, was das Lieblingsgericht in der Suppenküche sei, lacht Bruder Christoph: „Wenn es mal keine Suppe gibt. Über Spaghetti Bolognese freuen sie sich hier beispielsweise besonders. Wir hatten mal ein Pfingstfest, an dem wir die Unterstützung eines Hähnchenwagens bekamen. Der Andrang war so groß, dass wir aus den ausgeteilten halben Hähnchen irgendwann Viertel-Hähnchen machen mussten.” Koch Peter Peetz merkt dazu noch an: „Linsen werden wirklich gerne gegessen. Was eher nicht gemocht wird ist Reis, aber wenn es nicht anders geht, dann gibt es eben auch schon mal Reissuppe.”

Mahlzeit!

In den beiden riesigen 70 Liter Töpfen kochen bereits die Suppen, linker Hand lassen sich Wurststückchen als Fleischeinlage erkennen, während rechts rote Bohnen die Grundlage bilden. Falls die vegetarische Suppe an diesem Tag nicht ausgeschöpft sein sollte, kann sie im Gegensatz zur fleischlichen am nächsten Tag Grundlage der nächsten Suppe sein. Alte Küchenweisheit: Eintopf schmeckt am nächsten Tag noch besser, wenn er durchgezogen ist. Zwei Männer sind nötig, um die Töpfe auf ein Wägelchen zu wuchten, der vom Herd zur Ausgabe geschoben wird.

Zwei riesige Töpfe mit Suppe nebeneinander.
Zur Auswahl stehen ein vegetarischer Eintopf und einer mit Fleisch, die in den großen Töpfen schwer zu transportieren sind.
Foto: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de

Um 11.45 Uhr müssen die Besucherinnen und Besucher den Saal für eine Stunde verlassen, denn jetzt versammeln sich die Mitarbeitenden rund um die Suppenküche zum Mittagessen. Im Rahmen der kirchlichen Einrichtung wird vor der Mahlzeit gebetet. Für sie gibt es als „Kür” eine zusätzliche Mahlzeit, wenn zwei Köche in der Küche arbeiten, heute Kartoffel-Quark-Taschen mit Kohlgemüse und Salzkartoffeln. Ist nur ein Koch vor Ort bekommen sie dasselbe wie die Gäste. Zum Nachtisch gibt es die Reste einer Cremetorte sowie Erdbeeren und Pomelo. Die Torte war ein besonderer Feiertagskuchen von Ordensschwestern aus der Pappelallee, denn drei Schwestern haben ihr 60-jähriges Ordensgelübde gefeiert.

Irgendwann verschwindet der Leiter, um den Wartenden die Spielregeln in der Suppenküche zu erklären, wie etwa das Alkoholverbot. Menschen mit Bierflasche werden direkt wieder fortgeschickt. Währenddessen läutet die Mittagsglocke. Die Schlange der Gäste reicht einmal ums halbe Haus. Küchenchef Thomas Horstmann schaut raus und schätzt: „Das werden an die 200 Menschen sein.” Es ist 12.45 Uhr, die ersten Betreten die Suppenküche. An der Ausgabe haben sie zunächst die Möglichkeit zwischen einem Butterbrot mit Wurst und Käse zu wählen. Dann können sie noch etwas von den abgepackten Lebensmitteln bekommen: Neben Milch und Joghurt findet man auch Eiskaffee in Tetrapacks und sogar Bubble tea. Am Ende der Ausgabe können sie zwischen der vegetarischen und fleischlichen Suppe aussuchen und es sich anschließend im Saal gemütlich machen und ihr Mittagessen genießen. Etliche sind mit Rucksack gekommen. Zwischen den Gästen laufen die Ehrenamtlichen hin und her reichen Wasser oder Tee als Getränk und Helfer Marco hält auf seinem Tablett Obst als Dessert parat. Die Atmosphäre im Saal ist relativ entspannt. Bernd Backhaus meint dazu: „Das ist tatsächlich eine Besonderheit bei uns, es ist geradezu kuschelig. Das Aggressionspotenzial in anderen Suppenküche, etwa in Berlin-Mitte, kann man überhaupt nicht mit hier vergleichen.” Der Leiter hat dafür noch eine skurrile Story parat: „Vor ein paar Jahren bekamen wir mal Besuch von finnischen Touristen. Die haben uns gezeigt, dass unsere Suppenküche als Tipp im finnischen Reiseführer für Berlin steht.”

Verschiedenen abgepackte Lebensmittel, wie Milch, Eiskaffee und Joghurt aufgereiht.
Bei den abgepackten Lebensmitteln können sich die Gäste nehmen, worauf ihnen gerade der Appetit steht.
Foto: Johannes S. – lebensmittelmagazin.de

Wenn auch Sie die Suppenküche unterstützen möchten:

Spendenkonto: Suppenküche Franziskanerkloster
Berliner Volksbank
BLZ: 100 900 00
Konto: 1 277 556 002
BIC: BEVODEBB
IBAN: DE 32 1009 0000 1277 5560 02

Artikel-Teaserbild (oben): Johannes S. -lebensmittelmagazin.de

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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