Zwischen Fleur de Sel aus der Bretagne und britischem Maldon Seasalt ist Deutschland bislang recht unterrepräsentiert. Ein Unternehmer aus Kiel schafft jetzt Abhilfe. lebensmittelmagazin.de hat in der Ostseesalzmanufaktur vorbeigeschaut.
Deutschlands Küstenlinie zu Nord- und Ostsee ist ungefähr 1.200 Kilometer lang. Trotz dieser Bedingung sucht man deutsches Fleur de Sel vergeblich in den Feinkostgeschäften der Bundesrepublik. „Ganz einfach, Deutschland ist das einzige Land, in dem Salzgewinnung unter freiem Himmel verboten ist“, sagt Christopher Walter, Inhaber der Ostseesalzmanufaktur in Kiel.
Ständiger Fortschritt in der Produktion
Er gibt aber zu bedenken, dass Mikroplastik ebenfalls an der Wasseroberfläche schwimmt und dieses zusammen mit der Salzblüte abgeschöpft werden und so in die Lebensmittelkette gelangen kann. „Wir lassen gerade an einem Verfahren arbeiten, das garantiert, dass keinerlei Mikroplastik im Salz nachweisbar ist“, verspricht Christopher Walter.
Er lässt in Salzpfannen Ostseewasser für fünf Stunden bei hundert Grad Celsius über der Gasflamme sieden. Das Ostseewasser ist ein wenig salzarmer als sonstige Meere: 150 Liter Meerwasser werden zur Herstellung von einem Kilo Salz benötigt. Bis zum kommenden Jahr ist geplant, die Abwärme einer benachbarten Biogasanlage zur Erhitzung zu verwenden, die bislang ungenutzt ausgestoßen wird.
Erfolgreiche Pionierarbeit
Christopher Walter ist bislang der einzige Hersteller von Meersalz an der Ostsee und Pionier in Deutschland, denn in der Vergangenheit hatten die Dänen das Monopol. „Nur auf Sylt gibt es einen Hersteller, der mittels einer Meerwasserentsalzungsanlage Salz produziert. Mit ‚Sylt‚ lässt sich schlicht alles verkaufen“, lästert Christopher Walter. Er selber hat Grund sich zu freuen. Sein Meersalz gilt inzwischen als Schleswig-Holsteinisches Prestigeprodukt, das in der Staatskanzlei in Kiel gerne als Geschenk überreicht wird. Sein Ostseesalz gibt es inzwischen bundesweit zu kaufen und er bestätigt gerne, dass beispielsweise das Sternerestaurant Nobelhart & Schmutzig von „brutal lokal“ Billy Wagner zu seinem Kundenstamm gehört – als heimische Alternative zum Fleur de Sel, ähnlich knusprig und zartschmelzend.
Schleswig-holsteinische Bürokratie
„Schleswig-Holstein ist ein wirtschaftsfeindlicher Standort“, sagt Christopher Walter. „Beim Ordnungsamt gibt es keine Freundlichkeit mehr, die kommen hier nur noch mit Polizeibeschluss rein „, Walter lächelt sardonisch. „Da wurden teure Gutachten angefordert, die sich hinterher als komplett überflüssig erwiesen. Das lustigste Beispiel: Ich sollte einen Klatsch-Test vorweisen, da wird eine Probe aus dem Inneren des Glases genommen und in den Brutschrank gestellt. Das ist hier Natriumchlorid, darin kann von Natur aus nichts überleben, deswegen hat man Pökeln erfunden!“
Er hält ein Weckglas hoch: „Der Gipfel an Unverschämtheit war kurz vor dem Weihnachtsgeschäft. Wusstest du, dass ein Weckglas wie dieses hier für Lebensmittel ungeeignet ist?“ Das Weckglas ist unauffällig, Glaskörper, -deckel und rotes Abdichtgummi, wie es schon Generationen zum Kompotteinmachen verwenden. Christopher Walter öffnet das Glas und hält es unter die Nase. „Beim Öffnen soll es einen Gummigeruch geben, wohlgemerkt ohne sich auf das Salz zu übertragen. Ein Mangel, der dem Ordnungsamt immerhin 2.000 Euro Bußgeld wert war“, was vor Gericht aber keinen Bestand hatte. Die Gläser werden jetzt mit Silikonringen abgedichtet.
– Noch eine Spezialität aus Schleswig-Holstein: Kieler Sprotte. Hier mehr dazu –
Heimatgefühl und Unternehmergeist
„Wie kann es sein, dass hier einem regulär Knüppel zwischen die Beine geworfen werden? Als ich mal so richtig genug von allem hatte, rief ich morgens um 10 Uhr in Schwerin an, wurde eine Viertelstunde später zurückgerufen und nachmittags hatte ich schon Grundstücksangebote zugeschickt bekommen.“ Was ihn davon abhält, Schleswig-Holstein zu verlassen? „Schon das Heimatgefühl, aber vor allem Kampfgeist, gewinnen oder verlieren, kein Wischiwaschi. Ich bin früher schon als Mountainbiker angetreten zum Gewinnen. Da nimmt man dann die Herausforderung an“, erklärt Christopher Walter.
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