Bauer hält Kartoffeln in der Hand

Sorgenvolle Knolle: Kartoffelernte 2019 bleibt spannend

Nach der schlechten Kartoffelernte 2018 beginnen die Anbauer und Verarbeiter die diesjährige Kartoffelsaison voller Spannung. Der Sommer 2019 war ähnlich trocken wie im Vorjahr. Greifen die ergriffenen landwirtschaftlichen Maßnahmen?

Gunda, Linda, Leyla, Annabel, Laura, Goldmarie, Anuschka und Agria sowie Karlena liegen einträchtig nebeneinander in ihren Körben – sortiert als Drillinge oder große Backkartoffeln. Kartoffelhändler Manfred Schmidt steht seit Jahren auf dem Wochenmarkt am Maybachufer in Berlin-Neukölln. Einmal pro Woche fahren seine Kollegen und er übers Land und holen ihre Kartoffeln beim Bauer aus der Lüneburger Heide ab. Außerdem werden sie von einem Brandenburger Bauern aus Brodowin zusätzlich noch beliefert.

Bewässerung sorgt für Verteuerung

Die Kartoffelernte hat begonnen. Aber noch ist es zu früh, eine abschließende Prognose zu geben. Letztes Jahr waren die Kartoffeln aufgrund des Regenmangels deutlich kleiner als gewöhnlich. Auch dieses Jahr müssen die Bauern Grundwasser pumpen, um die Kartoffelpflanzen ausreichend zu bewässern. „Der Einsatz der Dieselmotoren für die Pumpe wird die Preise bestimmt um ein Drittel in die Höhe treiben“, vermutet Manfred Schmidt. Seine Frau greift in eine der Kisten und hält eine Kartoffel hoch. „Die Kartoffeln bekommen aufgrund der Trockenheit Schorf. Das macht der Kartoffelqualität an und für sich nichts, sieht nur nicht schön aus und der Kunde möchte runde, makellose Kartoffeln haben.“

Noch ist nicht abzusehen wie die Kartoffelernte wird. Es gibt leichte Besorgnis wegen der wolkenbruchartigen Regenfällen zwischendurch: „Wenn das Wasser auf den Feldern steht, droht Pilzbefall der Pflanzen, die dann verfaulen. Dadurch wird verhindert, dass die Nährstoffe zurück in die Knolle ziehen. Es bleibt bis Ende September spannend.“

Kartoffelernte
Kartoffelernte in Niedersachsen.
Foto: panoramarx – stock.adobe.com

Sichere Kartoffelernte 2019, unsichere Zukunftsperspektive

Die Weuthener Kartoffeltage bilden den Saisonauftakt der Kartoffelernte. Ferdi Buffen, der Geschäftsführer der Weuthen GmbH, Europas größtem Kartoffelanbieter, wagt hier ein erstes Resümee und eine Prognose für die kommende Ernte:

„Dass unsere geliebten Kartoffeln mit einer Klimaveränderung beziehungsweise mehr Wetterextremen umgehen müssen, zeigen die letzten Jahre. “

Daher seien neben weiteren Investitionen in Beregnung vor allem hitze- und trockenresistente Sorten ein Schlüssel für die Herausforderungen unserer Zeit. „Denn auch wenn Kartoffeln oftmals so robust wie Unkraut sind, müssen und werden wir unsere Anbautechnik und unsere Sortenwahl in Zukunft an diese neuen Herausforderungen ausrichten müssen.“

Durch Hitze ausgetrockneter Kartoffelacker
Vertrocknete Kartoffelpflanzen in Nordrhein-Westfalen.
Foto: Tanja Esser – stock.adobe.com

Sein Ausblick 2019 stimmt positiv: Bis zu 10,5 Millionen Tonnen Kartoffeln sieht die Prognose für die Bundesrepublik vor, so Buffen. Im Vergleich dazu fiel die Ernte 2018 mit 8,7 Millionen Tonnen rund ein Fünftel geringer aus.

Unterschiede innerhalb der Bundesrepublik

Dr. Sebastean Schwarz von der Union der deutschen Kartoffelwirtschaft (Unika) differenziert die gegenwärtige Kartoffelsituation: „Tatsächlich können wir nicht für die gesamte Bundesrepublik Deutschland eine einheitliche Aussage über die diesjährige Ernte machen. So griffen in den neuen Bundesländern bei der letztjährigen Dürre die Pflanzen auf die Grundwasserreservoirs zurück, die wiederum durch den ebenfalls trockenen Winter sowie im Frühjahr nicht wieder aufgefüllt wurden, sodass die Ernte vermutlich noch geringer als letztes Jahr ausfällt.“

Im Raum West- und Süddeutschland wiederum sei in den vergangenen Monaten ausreichend Regen gefallen. Hier sei mit einem gering-durchschnittlichen Ernteertrag zu rechnen, so der Geschäftsführer. „Außerdem haben die Diskussionen im Frühjahr über die Wasserrechte der Landwirtschaft dafür gesorgt, dass frühzeitig mit der Bewässerung begonnen wurde, aus Erfahrung des vergangenen Jahres“. Gleichzeitig weist Schwarz aber auch darauf hin, dass diese Möglichkeit nur endlich möglich sei.

Geerntete Kartoffeln
Geerntete Kartoffeln.
Foto: Marco2811 – stock.adobe.com

Umdenken bei Verbrauchern und Produzenten

Im Hinblick auf die Schlagzeilen von Deutschlands größter Boulevardzeitung bezüglich des Ernteausfalls im vergangenen Jahr versichert er: „Die Pommes frites sind auf jeden Fall sicher!“ Auf der anderen Seite sieht er den Verbraucher in der Pflicht:

„Da wird früher oder später ein Umdenken vonnöten sein. Die Erwartungshaltung der perfekten Kartoffel aus regionalem Anbau wird bei optischen Mängeln wie Kartoffelschorf nicht weiter zu bedienen sein.“

Dr. Sebastean Schwarz, Union der deutschen Kartoffelwirtschaft (Unika)

Wie wird es zukünftig weitergehen? „Sollte der Sommer 2020 mal wieder komplett verregnet sein, können wir die Ernten 2018 und 2019 abhaken. Sollte sich das Wetter so fortsetzen wird früher oder später ein Umdenken der Produktionssysteme von Nöten sein“, so Schwarz.

Artikelbild (oben): juliasudnitskaya – stock.adobe.com

About Johannes

Johannes schreibt seit 2019 als Reporter für lebensmittelmagazin.de. Seine Themenschwerpunkte sind Lebensmittelhandwerk, Lebensmittelindustrie und Gastronomie und hier besonders Nachhaltigkeit und Trends. Zudem ist er für die Berichte vor Ort zuständig.

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