Jenseits der Weinhänge der Saale-Unstrut-Region beheimatet Freyburg noch eine berühmte alkoholhaltige Spezialität, die das Stadtbild prägt: Die Sektkellerei Rotkäppchen mit ihren historischen Gebäuden, aber auch der modernen Produktionsanlage sowie Lagerstätte. Wir waren vor Ort.
Als der Weinbau in der Region Saale-Unstrut im 19 Jahrhundert zu Erliegen drohte, kam der Bau der Champagnerkellerei der Brüder Kloss und Carl Foerster um 1860 zur jähen Rettung. Der „Monopol“-Champagner des Hauses erfreute sich großer Beliebtheit und wurde im Laufe der Jahre immer wieder prämiert. Der Name Rotkäppchen entstand 1896 nach einem verlorenen Rechtsstreit zum neuen Markenschutzrecht mit Heidsieck & Co. Er bezieht sich auf die rote Haube, die die Sektflaschen aus Freyburg krönt.
Eine halbe Monatsmiete pro Flasche
Daniela Manig ist heute die Leiterin der Besuchergruppe und führt sie durchs Haus. Zur Begrüßung fragt sie die Runde nach dem Rotkäppchen-Preis in der ehemaligen DDR. Viele Besucher erinnern sich: 17 bis 25 Mark, ungefähr eine halbe Monatsmiete.
Damals lag die Produktion bei 18 Millionen Flaschen, nach der Wende 1992 fuhr sie runter auf zwei Millionen. Die Kurve haben sie gekriegt: Seit 2001 ist Rotkäppchen Marktführer im Sektsegment.
Industriedenkmal Sektkellerei
Die Halle der Sektkellerei mit ihrem freitragenden Dach ist heute ist als Industriedenkmal kulturelles Zentrum und Eventlocation. Der historische Keller erstreckt sich über fünf Etagen, die allesamt in den Berg hineingearbeitet worden sind: Ganz oben lagert der Sektlikör, darunter der Wein. Dann kommt der Rohsekt und zuunterst der Gär- und Reifekeller.
Im Keller erklärt die Leiterin den Unterschied der historischen ovalen Lagerfächer zu den runden Transportfässern. Kapazitäten, die heute keinesfalls ausreichen würden. Jede Woche kämen ungefähr hundert Tanklaster, deren Inhalt bis zu zwei Wochen lagert, ungefähr 50 Millionen Liter.
Die Sektkellerei beherbergt einen prachtvollen Domkeller von 1896 mit dem größten Cuvéefass aus Holz in Deutschland, das sich reich dekoriert über drei Etagen erstreckt.
Gärmethoden bei Sekt
Im Gärkeller erklärt Daniela Manig die drei Arten der Sektgärung:
- Zunächst die klassische Flaschengärung, Methodé champenois, bei der Kellermeister die Flaschen einzeln tagtäglich um ein Stück weiterdrehe. Dies geschieht über viele Monate, bis sich die Hefe im Flaschenhals sammelt. Dann wird die Hefe im Flaschenhals kurzzeitig gefroren, die Flasche entkorkt, die Eishefe fliegt raus und die Flasche wird mit Sektlikör wiederaufgefüllt. Je nach Zuckergrad brut, halbtrocken oder mild. Lässt man dies weg, spricht man von brut nature. „Man kann auch sagen, furztrocken, aber wenn Sie mich fragen, köstlich!“, lacht die Leiterin.
- Bei der zweiten Methode, dem Transvasierverfahren, werden die in der Flasche vergorenen Sekte mechanisch von der Hefe befreit und in neue Flaschen umgefüllt. In dem Zusammenhang erklärt Daniela Manig die Wölbung am Flaschenboden. Sie ist mitnichten nur für den Daumen beim Einschenken gedacht, sondern dient dem Druckausgleich der Kohlensäure.
- Die dritte Methode, die Methodé charmante macht bei Rotkäppchen 80 Prozent der Produktion aus: In riesigen Tanks gären die Schaumweine und gewährleisten so eine Produktion von 100 Millionen Litern Rotkäppchen-Sekt pro Jahr, was einer Tagesproduktion von 600.000 Flaschen entspricht.
Stolz auf den Sekt von hier
Rotkäppchen ist aus Freyburg nicht mehr wegzudenken. Und so ist das Zitat der Bäckerin aus dem nahegelegenen Supermarkt stellvertretend für die Bewohner der Region:
„Wissen Sie worauf ich richtig stolz bin? Dass unser Rotkäppchen die Wende so erfolgreich überlebt hat!“
Artikelfoto (oben): Lumu (CC-BY-SA 3.0)
– Mehr zum Weinbau in der Region Saale-Unstrut gibt’s hier. –