Soja als pflanzliche Proteinalternative ist zwar omnipräsent, die Ökobilanz steht aber aufgrund der häufigen Herkunft aus Übersee in der Diskussion. Veggiewurstpionier Rügenwalder Mühle will mit zwei regionalen Anbauprojekten Abhilfe schaffen.
Soja stammt aus Ostasien und gehört zu den ältesten Kulturpflanzen. Die Hülsenfrucht wird heute vor allem in den USA, Brasilien und Argentinien angebaut. Die Sojabohnen selber können verwendet werden für Bratlinge, im Salat oder als eigenes Gericht, man denke an Edamame. Ein klassisches Produkt aus Sojadrink ist Tofu, aus gepressten und geronnenen Bohnen hergestellt. Ähnlich ist es mit dem aus Indonesien stammenden Tempeh, das fast wie ein Edelschimmelkäse fermentiert wird. Mit Shoyu und Tamari, aus Sojabohnen fermentierter Sojasauce, bekommen Gerichte einen herzhaften Umami-Geschmack. Daneben bietet Miso, die fermentierte Sojabohnenpaste, eine Grundlage für Suppen.
Wurst aus Pflanze
Im Dezember 2014 brachte das familiengeführte Mittelstandsunternehmen Rügenwalder Mühle, bis dahin eher bekannt für Teewurst und andere klassische Wurstwaren, die vegetarische Variante des „Schinkenspickers“ auf den Markt, eine Wurst nach Art Fleischwurst auf Sojabasis. Betrug der Anteil vegetarischer und veganer Wurstwaren des Unternehmens im September 2016 laut Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 100 Tonnen gegenüber 400 Tonnen konventioneller Wurstwaren in der Wochenproduktion, so heißt es heute, knapp 4 Jahre später, von Rügenwalder: „Unsere vegetarisch/vegane Produktlinie entwickelt sich sehr positiv, der Markt insgesamt wächst ebenfalls sehr stark und wir glauben fest daran, dass Fleischalternativen inzwischen eine etablierte Ergänzung zu klassischen Fleisch- und Wurstwaren sind.“
Regionales Pilotprojekt: Soja aus NRW und Brandenburg
Die verwendeten Sojabohnen stammen zu jeweils 50 Prozent aus den USA und seit dem Frühjahr 2019 aus der europäischen Donauregion, also Bosnien-Herzegowina und Serbien. Dieses Frühjahr startete die Rügenwalder Mühle ein innerdeutsches Pilotprojekt zum regionalen Sojaanbau auf jeweils 25 Hektar großen Feldern in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg, zusammen mit den landwirtschaftlichen Vertragspartnern der Ackerbau Herzsprung Union GmbH & Co. KG. Für September 2020 wird die Ernte erwartet.
Sojapflanze gut anzubauen
Soja hinterlasse hervorragende Bodenbeschaffenheit und lasse sich somit ideal in den Fruchtwechsel integrieren. Außerdem sei die Sojapflanze recht anspruchslos und wachse auf allen Böden. Michael Hähnel, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Rügenwalder Mühle, ist sich sicher: „Aktuell befindet sich unser Pilotprojekt in der Aufbauphase. Gelingt uns ein Erfolg, planen wir in den kommenden Jahren den Anbau sukzessive zu steigern und somit den Gesamtbedarf an regionalen Sojapflanzen zu decken.“
Regionale Anbaumöglichkeiten bedeuten Nähe zu den Erzeugern, Lieferanten und Verbrauchern entlang der gesamten Wertschöpfungskette. „Die verkürzten Transportwege sparen CO2-Emissionen ein und verbessern somit die Nachhaltigkeit unserer Produkte“, sagt Michael Hähnel.
Knackpunkt Geschmack?
Die ans mitteleuropäische Klima angepasste Sojasorte, die von der Rügenwalder Mühle im Pilotprojekt angebaut wird, sei dunkler und geschmacklich kräftiger als die Übersee-Alternative. „Wir müssen testen, für welches unserer Produkte dieses Soja passt. Nach der Veredelung des geernteten Sojas müssen wir daher im nächsten Schritt erst einmal einige Test- und Entwicklungsphasen durchlaufen: Wie lässt sich das heimische Soja verarbeiten, wie schmecken die Produkte damit, wie sehen sie aus?“
Aufgrund des anderen Geschmacks und Aussehens des deutschen Sojas könne man es als Zutat nicht einfach austauschen, da dies geschmackliche und optische Auswirkungen auf unsere Produkte hätte. „Parallel dazu arbeitet unsere Forschung und Entwicklung an der Entwicklung und Konzipierung neuer Produkte, die als Zutat das heimische Soja haben“, gibt der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Rügenwalder Mühle zu bedenken.
Es bleibt also abzuwarten, in welcher Form die Veggie-Wurst „100 Prozent made in Germany“ auf den Markt kommt.
Haupt-Artikelbild (oben): sima – stock.adobe.com