Früher häufig als esoterisch belächelt, heute gar nicht mehr so außergewöhnlich – die vegetarische und vegane Lebensweise. Lebensmittelmagazin.de hat sich Fleischalternativen angeschaut, die nicht nur den Veggies schmecken.
Diese Tage startete die Supermarktkette Veganz ihren Börsengang – mit mäßigem Erfolg. Trotzdem lohnt sich der Blick auf die Evolution, welche die tierfreie Ernährungsform von Veganismus bzw. Vegetarismus allein in den letzten Jahren hingelegt hat. Dabei ist der Fleischverzicht kein neumodisches Hipsterphänomen. Vor über 2.500 Jahren war bereits der antike Vegetarier und Philosoph Pythagoras überzeugt: „Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen zurück.“ Waren beispielsweise Tofu und Grünkern noch vor wenigen Jahren allgemein belächelt und galten als geschmacksneutrale Proteinquelle der sogenannten „Körnerfresser“, bietet heute nahezu jeder Lebensmitteleinzelhandel im Kühlregal eine breite Vielzahl an Fleischersatzprodukten an. Dabei richtet sich das Angebot nicht nur an Vegetarier:innen und Veganer:innen.
Es muss nicht immer Fleisch sein
Sogenannte Flexitarier:innen erweitern ihre tierischen Proteinquellen um pflanzliche, beziehungsweise essen nur selten und nur ausgewähltes Fleisch. Diese Gruppe ist in den letzten Jahren immer größer geworden. In einer YouGov-Umfrage unter Nicht-Vegetarier:innen und Nicht-Veganer:innen gaben 34 Prozent der Frauen und 20 Prozent der Männer an, selten Fleisch zu konsumieren. Besonders hoch ist das Potenzial bei den 18- bis 24-Jährigen (53 Prozent). Häufig imitieren Fleischersatzprodukte dann auch tatsächlich Zubereitungen von Fleisch, seien es Tofuwürstchen, Seitanbraten oder Veggiehack, umso die gelernten Geschmacksgewohnheiten direkt übertragbar zu machen.
Aus vielen eines
Die Forschung und das Angebot für vegane und vegetarische Fleischalternativen wächst und diversifiziert sich kontinuierlich. Neben Start-ups und innovativen Händlern haben auch Produzierende konventioneller Fleischprodukte einen großen Marktanteil an Fleischalternativen.
Typische Fleischalternativen sind:
Tofu: gepresster Bruch geronnener Sojamilch, stammt aus China.
Tempeh: mit Schimmelpilzen fermentierte, ganze Sojabohne, stammt aus Indonesien.
Seitan: reines Weizen-Gluten, wurde in den 60er Jahren in Japan erfunden.
Quorn: fermentiertes Myzel eines Schlauchpilzes, stammt aus Großbritannien.
Erbsenproteine: ist die Grundlage vieler Fleischimitate aufgrund seiner faserähnlichen Struktur, die sich mit Extruder-Technologie bildet.
Viele Pilze, wie der Parasol oder der Austernseitling werden beispielsweise wie Schnitzel paniert und als Fleischersatz gegessen.
Außerdem gibt es Fleisch-Ersatz auf Basis von Milch und Hühnereiern.
Faktoren, wie Ökobilanz, Genuss oder Gesundheit spielen bei der Konzeption von Fleischalternativen eine unterschiedliche Rolle, was sich auf die jeweiligen Inhaltsstoffe, den Verarbeitungsgrad der Produkte und der Herkunft der Zutaten auswirkt.
Drauf, was drin ist
Wichtig für die Verbraucher:innen ist in dem Kontext eine eindeutig klare Aufschrift: Die Bezeichnung muss die Art des Lebensmittels erkennen lassen. Allgemeine Bezeichnungen wie „Schnitzel“, „Gulasch“ oder „Wurst“ genießen keinen gesetzlichen Schutz. Daher dürfen sie grundsätzlich auch für vegetarische beziehungsweise vegane Fleischersatzprodukte verwendet werden – vorausgesetzt, die besonderen Eigenschaften des Produktes sind für die Verbraucher:innen nachvollziehbar. Die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission hat im Dezember 2018 erstmalig Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel veröffentlicht. Sie beschreiben, was allgemein ein veganes oder vegetarisches Produkt kennzeichnet. Andernfalls droht die Gefahr einer Täuschung. Durch Bezeichnungen wie „vegetarisches Schnitzel aus Erbsenprotein“ oder „vegane Bratwurst auf Weizenproteinbasis“ wird dies vermieden. Zu den Bezeichnungen für vegetarische und vegane Lebensmittel sagen die Leitsätze konkret, …
… dass Bezeichnungen, die in Anlehnung an spezielle gewachsene Fleischteilstücke wie „Schinken“ erfolgen, nicht mehr verwendet werden sollen,
… dass Bezeichnungen in Anlehnung an geschnittene Fleischstücke wie beispielsweise „Schnitzel“ und in Anlehnung an Lebensmittel aus zerkleinertem Fleisch wie „Frikadellen“ verwendet werden können,
… dass Bezeichnungen für Kategorien von Wurstwaren, z. B. „Streichwurst“ oder „Bratwurst“ weiterhin üblich sind,
… dass Bezeichnungen für spezifische Wurstwaren wie „Lyoner“, „Salami“, „Leberwurst“ wiederum nicht mehr verwendet werden sollten und wenn, dann nur in beschreibender Form wie „Typ Salami“ oder „nach Art Salami“.
Klima und Gesundheit
Klimaschutz ist einer der wichtigsten Gründe für Fleischalternativen. Das Umweltbundesamt (UBA) hat in seiner Studie „Fleisch der Zukunft“ das zukünftige Potenzial von Fleischalternativen auf die Umwelt und in der Ernährung untersucht. Dabei nahmen sie sowohl pflanzliche Fleischalternativen als auch essbare Insekten und In-vitro-Fleisch unter die Lupe. Aus Umweltsicht schneiden laut der Studie pflanzliche Fleischalternativen am besten ab. Im Vergleich zu Rindfleisch entstehen bei der Produktion bis zu einem Zehntel weniger Treibhausgase, Wasser- und Flächenverbrauch. Aus Gesundheitssicht bieten pflanzliche Proteine und pflanzliche Fleischalternativen eine Möglichkeit, den Fleischkonsum zu reduzieren. Fleischalternativen aus gering verarbeiteten pflanzlichen Zutaten seien dabei einem hohen Verarbeitungsgrad vorzuziehen. Die Studie weist darauf hin, dass bei pflanzlichen Fleischalternativen oftmals unter anderem auf den Salzgehalt zu achten, dafür aber die Fettsäurezusammensetzung günstiger sei, als im konventionellen Fleisch. Ernährungs- und gesundheitsbewusste Verbraucher:innen sollten sich beim Einkauf pflanzlicher Fleischalternativen intensiv mit der Zutatenliste und den Nährwertangaben auseinandersetzen. Aber das gilt ja sowieso immer: Die Lebensmittelverpackung liefert wichtige Informationen. Es lohnt sich also der intensive Blick.
Übrigens, eine Lanze für das friedliche Miteinander von Fleischgenuss und veganer Kost im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft bricht Prof. Dr. Wilhelm Windisch von der Technischen Universität München. Er sagt: „Die Produktion von einem Kilogramm veganen Lebensmittel erzeugt ungefähr vier Kilogramm nicht-essbare Biomasse. Nicht-essbar kann ich am besten verwerten mit Rindern. Also das Rindersteak gehört doch mit dazu. Wir müssen schauen, dass wir alles in ein ausbalanciertes System bekommen, denn nur dann ist es wirklich nachhaltig. Eine vegane Fruchtfolge wäre sehr ineffizient. Wenn wir eine vernünftige Balance zwischen Tier- und Pflanzenproduktion haben, dann haben wir das optimale System.“
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Interessant, dass so viele 18- bis 24-Jährige wenig Fleisch konsumieren. Besonders positiv finde ich diese Entwicklung, da ich selber seit 6 Jahren kein Fleisch mehr esse. Ich persönlich kann Tofu sehr empfehlen, da man damit sehr viel machen kann und es richtig gewürzt jedem schmecken kann.